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Lebensläufe

■ Sonderforschungsbereich der Bremer Uni darf noch Jahre weiterforschen

„Einmal arm, immer arm – das stimmt nicht!“ sagen die Forschungsergebnisse des Projektes D3 „Sozialhilfekarrieren“ an der Bremer Uni. Seit 1976 beobachtet der Wissenschaftler Stephan Leibfried mit KollegInnen den Biographieverlauf von Menschen, die damals Sozialhilfe bezogen. „Die größte Gruppe von ihnen ist nur in Episoden sozialhilfeabhängig gewesen – und es kommen überraschende Lebenswenden vor“, erläutert Professor Walter Heinz, der Sprecher des Sfb 186.

„Die Abschnitte der Vereinzelung sind nur zeitweilig und die Integration in die Gesellschaft ist möglich“ fügt er hinzu. Das Projekt zur Armutsforschung ist nur eins von 14 Forschungsfeldern, die alle als Langzeitstudien – mit einer Laufzeit von 12 bis 15 Jahren – soziale Umstände, Institutionen und Biographien in ihrem Wechselverhältnis untersuchen.

773 Seiten lang ist das Buch, mit dem der Sonderforschungsbereich an der Universität Bremen seinen Antrag auf Förderung bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft begründete. Nun wurde die dritte Forschungsphase finanziell bewilligt. Das heißt: weiterforschen bis 1996. Knapp 50 WissenschaftlerInnen aus verschiedenen Sparten der Soziologie, Sozialpsychologie und Sozialgeschichte sind an diesem Projekt beteiligt.

Zum Beispiel forschen die WissenschaftlerInnen zu dem Thema, wie oben angesprochen, wie sich die Lebensläufe von Sozialhilfeempfängern entwickeln und verändern. Ein anderes Projekt forscht zum Thema „Risikobiographien vor dem Hintergrund der Unfall- und Invaliditätsversicherungen in den Jahren zwischen 1889 und 1925“.Bisher waren die Menschen in diesen Sozialstatistiken bloße Zahlen, jetzt bekommen sie durch ausführliche Interviews Gesichter. Noch vor 10 Jahren wurde diese Herangehensweise für zu teuer gehalten, und die einzelnen Fachbereiche bewachten fast eifersüchtig ihre Forschungsergebnisse. Die heutigen SoziologInnen begnügen sich nicht mit der Analyse des Ist-Zustandes. In einer Kombination von klassischer Umfrage und problemzentrierten Interviews entkräfteten sie u.a. die Annahme, die Generation der heute 60 jährigen Frauen „habe immer nur nebenbei gearbeitet“. Eigentlich continuierliche Berufstätigkeit wurde aus dem Selbstverständnis der Frauen als „ich habe mal ab und zu ausgeholfen“ abgewertet. Spannend wird es nun bei dem generationenübergreifenden Folgeprojekt: Es begleitet die Kinder dieser Paare und beobachtet deren Bewertung von Berufstätigkeit und die Karriereorientierung.

Anders als in den USA und anders als für die Naturwissenschaften gibt es für die Sozialwissenschaft keine privaten Investoren. Sehr hoch sei der Gewinn für die wissenschaftliche Nachwuchsförderung. Bis 2003 ist das Projekt konzipiert – eine Lebensaufgabe.

S.L.

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