Viel gebaut, viel verdient

■ Gewoba machte in diesem Jahr 20 Millionen Plus / „Es fehlen billige Wohnungen“

Soviel gebaut, renoviert und verdient hat die Gewoba schon lange nicht mehr: Auf das erfolgreichste Geschäftsjahr seit 15 Jahren kann die größte Bremer Wohnungsbaugesellschaft zurückblicken. Allgemeine Zufriedenheit auf der Bilanzpressekonfernz gestern im Gewoba-Hochhaus: 1993 wurden 209 neue Miet- und Eigentumswohnungen und Häuser gebaut, zum Jahreswechsel sind weitere 337 Wohnungen im Bau, von denen im nächsten Jahr knapp 300 fertiggestellt werden sollen. Bei einem Umsatz von 500 Mio Mark machte die Gewoba, die zu zwei Dritteln im Besitz der Städte Bremen und Bremerhaven ist, einen Gewinn von 20 Millionen Mark.

Neben den Neubauten hat die Gewoba nach Angaben ihres Geschäftsführers Werner Teetz im letzten Jahr 76 Millionen für Instandsetzung ausgegeben. „Die Modernisierung der Neuen Vahr mit ihren 9.000 Wohnungen ist abgeschlossen“, meinte Teetz. „Damit sparen wir in diesen Wohnungen 40 Prozent der Heizeenergie.“ Alle 50.000 Wohnungen der Gewoba sind „voll vermietet“.

Die Baukonjunktur war 1993 günstig: niedrige Zinsen auf der einen Seite und eine Gesetzesänderung zum Januar 1994, die die Abschreibung für Wohnungsfinanzierung begrenzt: Da langten viele Investoren nochmal zu. Neben den „normalen“ Wohnungen will die Gewoba im nächsten Jahr ein Gebäude mit Altenwohnungen, Räume speziell für Alleinerziehende und ein „Haus auf Stelzen“ bauen, bei dem unter dem Haus Parkplätze angelegt werden.

Wer Wohnungen baut und vermietet, bemerkt den Wohnungsnotstand aus erster Hand: Geschäftsführer Eberhard Kulenkampff stellte eine „Versorgungslücke empfindlichster Art bei Wohnungen für untere Einkommen“ fest. Pro Jahr bekäme die Gewoba 10.000 Bewerbungen um eine Wohnung. Doch die Einkommensgrenze, von der an Menschen für eine Sozialbauwohnung die Berechtigung bekommen, sind bei steigenden Löhnen seit den achtziger Jahren nicht mehr angehoben worden, derzeit liegen sie bei 21.000 Mark Brutto-Jahresverdienst: „Niemand, der arbeitet, bekommt heute die Berechtigung für eine Sozialwohnung“, schimpfte Kulenkampff. Gerade Menschen, die knapp über dieser Grenze liegen, finden keine bezahlbare Wohnung. „Die Grenzen werden vom Bundesbauminsterium nicht hochgesetzt, damit man nicht sieht, was für ein unerfüllter Bedarf an Sozialwohnungen besteht“, meinte Eberhard Kulenkampff.

Wenn nur noch Arme in die Sozialwohnungen ziehen, fürchtet Kulenkampff um die richtige Mischung in den Wohnsiedlungen: „Die Bevölkerung dort zeigt schon jetzt nicht den Durchschnitt der Stadtbevölkerung. Wenn das noch weiter nachläßt, hat das unweigerlich soziale Folgen.“ Erstmal aber hat der Gewoba-Chef ein dickes Lob an seine MieterInnen zu verteilen: „Es ist bemerkenswert, wie groß der Hausfrieden in unseren Häusern ist, wie wenige Konflikte in der wirtschaftlichen schlechten Lage vieler Menschen zu uns dringen.“ Immerhin knapp 10 Prozent der Mieteinnahmen von insgesamt 370 Millionen Mark im Jahr bekommt die Gewoba vom Sozialamt – doch die Mietausfälle liegen bei „unter 0,5 Prozent außerordentlich günstig“, wie Kulenkampff betont: niemand will momentan seine Wohnung verlieren.

An der umstrittenen Idee eines Denkmals für den Vater der Bremer „Großwohnanlagen“, Richard Boljahn, will die Gewoba „sehr nachdrücklich festhalten“, betonte Kulenkampff. Der SPD-Politiker, der in den siebziger Jahren über den „Baulandskandal“ stürzte, habe sich „außerordentlich hohe Verdienste“ um die Entwicklung des Wohnungsbaus in Bremen erworben. Die Gewoba hat der Stadt ein Denkmal für Boljahn in der Neuen Vahr angeboten – „jetzt muß die Stadt entscheiden, ob sie es will“.

bpo