Richtig Geld verdienen

■ Joop van den Ende und John de Mol fusionieren zu Europas größter TV-Firma

Der eine, Joop van den Ende (51), gilt als Choleriker, der andere, John de Mol (38), als eiskalt. Sie eint, daß beide Holländer im europäischen TV-Geschäft eine herausragende Rolle spielen, bislang allerdings in harter Konkurrenz. Und dann passierte, was beide selbst angeblich für undenkbar hielten: John de Mol (45 Prozent) und Joop van den Ende (45 Prozent) gründeten diese Woche die „Endemol Entertainment B.V.“ – und damit Europas größte TV-Produktionsgesellschaft. Die restlichen Anteile gehören je zur Hälfte einer Tochter der ABN Amro (Hollands größter Bank) und Willem van Kooten.

Mit äußerst preiswert produzierten Einfachstserien à la „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“, TV- Herz-Shows à la „Traumhochzeit“ und „Laß dich überraschen“, Spielfilmen und Gameshows sowie „Infotainment-Produkten“ wollen die Holländer fortan zusammen allein im Ausland über 500 Millionen Gulden umsetzen. In EG-Europa wuchs zwischen 1980 und 1990 die Zahl der TV-Stationen von 25 auf 119. Van den Ende begeistert: „Eine echte Konkurrenz haben wir eigentlich nicht.“

Der einheimische Markt ist den beiden Holändern zu eng geworden. Nur 20 Millionen Menschen sprechen niederländisch. RTL 4 und RTL 5 (seit Oktober 1993) – für die man hauptsächlich produziert – setzen dieses Jahr um die 400 Millionen Gulden um. Bislang verkauften beide die Hälfte ihrer Produkte in Holland. Künftig wollen sie „70–80 Prozent“ aller Sendungen im Ausland abgesetzen.

Dennoch ist Holland vor allem als TV-Labor äußerst interessant: Weil das Land zwischen den drei großen Sprachgruppen Englisch, Französisch und Deutsch geographisch so günstig liegt, können nahezu alle Niederländer Englisch, viele Deutsch und nicht wenige Französisch. Im Amsterdamer Kabelnetz sind von den 30 Kanälen kaum mehr als eine Handvoll in niederländischer Sprache, die ausländischen Programme haben zusammen einen Marktanteil von mehr als zwölf Prozent. Wenn Endemol wissen will, ob etwa die australische Urversion von „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ in Europa ankommen könnte, wird zunächst in Holland getestet.

Schätzungsweise bezieht allein RTL für 280 Millionen Mark jährlich Sendungen von Joop van den Ende und für 340 Millionen von John de Mol. „Endemol“ wird allein in Deutschland künftig 125 Mitarbeiter haben. Die deutschen TV-Stationen kommen in den niederländischen Zeitungen ausgesprochen schlecht weg. Außer bei „dramaprodukties“ (z.B. Krimiserien wie „Derrick“) seien die Deutschen nirgendwo oben dabei, meint de Volkskrant (Volkszeitung). Die Prouzenten seien zu eng an die TV-Stationen angebunden.

Bislang haben de Mol und van den Ende Niederlassungen in Köln, Luxemburg und London. In den Niederlanden bleiben die Hauptsitze Aalsmeer (van den Ende) und Hilversum (de Mol) erhalten. Ab Januar sollen 500 feste und 1.000 freie Mitarbeiter für „Endemol“ arbeiten (RTL-Deutschland hat unter 700). Es wird sogar schon von weiteren Einstellungen gesprochen. Pieter Brouwer, ab Januar Direktor bei „Endemol“, zu den Plänen: „Im ersten halben Jahr werden wir Verträge in den skandinavischen Ländern und in Spanien abschließen, später dann in Belgien und England.“ Schon jetzt laufen Programme der beiden in China, Japan, Kanada, Argentinien und Neuseeland.

Das alles soll jedoch nur der Anfang sein. „Zusammen werden wir die Welt erobern“, titelt das Boulevardblatt de Telegraaf. „Der wichtigste Markt ist der US-amerikanische“, weiß Joop van den Ende. Wenn Europa von den niederländischen TV-Produzenten beherrscht werde, solle weiter auf den amerikanischen Markt expandiert werden. Schließlich könne man nur dort richtig Geld verdienen. Falk Madeja