Klassik und HipHop

■ „Junge Choreographen“ auf Kampnagel

Vor einer weißen Wand, geteilt von einem leuchtend roten Schal, zeichnen sich wie einem fernöstlichen Scherenschnitt die Schatten der Tänzer ab. Plötzlich ein Scheppern von zerschmetterndem Porzellan, da lösen sie sich aus ihrer Erstarrung, werden eingetaucht in leuchtende Farben. Zu orientalischen Klängen tanzen drei Frauen und ein Mann in anmutig schwebenden Bewegungen, in die Bauchtanzelemente verwoben sind: Sie locken, verführen, verströmen Sinnlichkeit. Die Choreographie Incense des Ägypters Gamal Gouda gehörte zu den Höhepunkten der Reihe Junge Choreographen, in der sich am Wochenende acht Mitglieder des Hamburger Balletts mit ihren Werken präsentierten.

Von Kompositionen mit klassischen und modernen Elementen, von orientalischen Anklängen bis hin zu Skurril-Witzigem reichte das Programm. In einigen Stücken zeigte sich die Tendenz, Elemente von Tanz und Theater zu mischen, Sprache als Ausdrucksform mit einzubeziehen wie zum Beispiel in Patrick Beckers Allein Sein Können über den Tod der Liebe durch ihre graue Schwester, die Gewohnheit.

Menschen, die in diese Welt nicht passen, behandelt Jan de Schynkel in seinem Stück On the other Side, in dem Tanz mit Pantomime verknüpft ist. Er stellt eine Reihe skuriller Figuren vor: Ein schwarzgekleideter Herr mit einem Klobecken in der Hand irrt über die Bühne. Ein anderer umwirbt mit grotesken, zappelnden Bewegungen eine schöne, unerreichbare Frau, von der zunächst nur die Beine in einer Art Aquarium zu sehen sind. Viel bleibt von ihrer Schönheit nicht, als sie auf die Bühne gezerrt wird. Das Paar, das zueinander nicht findet, endet auf dem Rücken liegend, erstarrt wie hilflose Käfer. Herausragend die Choreographie von Frank Logeais Gaius Julius C. über Szenen aus dem Leben eines Tyrannen, der durch Mord und Intrigen auf den Thron Roms gelangte. Er greift gar nach dem Mond, der als Symbol für Freiheit und die Suche nach dem Unerreichbaren steht. Die Tänzer, zunächst in römischen Gewändern, faszinieren mit klassischen Sprüngen, wandeln sich dann zu jungen Männern unserer Zeit, die zu Hip Hop-Klängen tanzen. Spannend, witzig, abwechslungsreich und mit hohem tänzerischen Niveau boten die jungen Choreographen eine Erfrischung für Hamburgs Ballett-Gemeinde. Gabi Werner