Sanssouci
: Nachschlag

■ "geld*beat*synthetic" - Eine Tagung zur Medientheorie

Ehe es losging, wurden in dem überfüllten Atelierraum der „kunst-werke-berlin“ noch schnell die neuesten Texte in Sachen Medientheorie ausgetauscht: Weibel, Flusser, Virilio und Konsorten. Dazu kursierte der neueste Klatsch: Daß Kittler bloß noch den Chaos Computer Club für zeitgenössische Kunst hält, ist bekannt. Aber daß Bolz auf Anselm Kiefer abfährt, ist neu. Der Kunstgeschmack des einstigen Adorno-Exegeten, den heute, da er zum Medienphilosophen mutierte, nur noch die Austreibung des Geistes aus den Geisteswissenschaften interessiert, muß wohl der Überrest einer vergangenen Zeit sein.

„geld*beat*synthetic“ hieß die Veranstaltungsreihe zum Thema Medientheorie, Kunst und Gentechnologie, die Sabeth Buchmann, Stephan Geene, Renate Lorenz und Juliane Rebentisch organisiert haben. Das Publikum war bestens präpariert und wollte in angestrengten Diskussionen die Landkarte der Medientheorie neu vermessen. Auf dem Programm stand eine kritische Re-Lektüre ihrer zentralen Thesen. Die Kritik, die die VeranstalterInnen an der Technikphilosophie vorbrachten, zielte auf den Knackpunkt des Technikdiskurses, nämlich darauf, wie er den Konnex zwischen Körper und Technik beschreibt. Das Herzstück jeder Medien- und Technikphilosophie ist die Behauptung, die technische Mobilmachung des eigenen Körpers – wie etwa bei einer Geschlechtsumwandlung – würde endlich aufräumen mit der Fiktion einer vorgeprägten biologischen Natur des Menschen. Gefeiert wird der Siegeszug der Technik als eine gewaltige Möglichkeit menschlicher Freiheit. In ihrem Vortrag zum Thema „gender./.tekkno“ wendete sich Renate Lorenz jedoch strikt gegen die Apologeten einer entfesselten (und entfesselnden) Technik: Der medizinisch fabrizierte Wechsel zum vermeintlich „wahren“ Geschlecht befreie den Menschen nicht vom Geschlechterzwang. Er zementiere statt dessen gerade die Idee einer naturgegebenen Dichotomie der Geschlechter. Eine wirkliche Destabilisierung der Geschlechtskategorien geschehe statt dessen allein durch die parodistische Subversion der zugrundeliegenden „Binarität“ wie im Falle der Travestie.

Was auf dem Diskussionsforum der „kunst-werke“ in Berlin angezettelt und mit ähnlichen Projekten in München und Zürich fortgesetzt werden soll, war eine kritische Reflexion diesseitig der Technikphilosophie: kein Rückfall ins bloße Humane, sondern der Versuch, die Technikphilosophie mit ihren eigenen, dekonstruktiven Prämissen zu schlagen. Andrea Kern