Der Betonkopf 1993

■ BUND-Jugend zeichnete Wirtschafts-Staatsrat Haller aus

„Für ihr langjähriges Bemühen um Umweltzerstörung überreichen wir Ihnen jetzt den Betonkopf 1993“. So verlautbarte gestern die BUND-Jugend im Rathaus. Doch der Preisträger Frank Haller, Staatsrat beim Wirtschaftssenator, war nicht zugegen. Stellvertretend für ihn hörte sich Klaus-Wilhelm Timm die Rede des in Doktorhut und Talar gekleideten Preisverleihers der BUND-Jugend an und nahm den Betonkopf entgegen.

Die Ehrung fand im Foyer des ersten Stocks statt, wo ein großes Ehrentransparent entrollt wurde: „Betonkopf –93, Frank Haller, Beton statt Ideen“. Die BUND-Jugend war davon ausgegangen, daß er zur zeitgleich stattfindenden Staatsräte-Konferenz kommen würde. Der Titel „Betonkopf“ wurde nach langen Erwägungen nicht den Kandidaten Senator Jäger, dem Leiter des Wasser- und Schiffahrtsamtes Dierksen oder Umweltsenator Fücks zuteil. „Die Kriterien, die die Bewerber erfüllen müssen, sind ganz einfach: Sie müssen sich durch ihr unaufgeklärtes und rücksichtsloses Verhalten gegenüber der Natur hervortun“, erläuterte die BUND-Jugend in ihrer Festrede. Da Haller seine „Betoniertätigkeit“ schon seit Jahren verfolge, hätten die anderen Kandidaten keine Chance gehabt.

Der „Betonkopf“ Frank Haller tue sich besonders in der Gewerbe- und Verkehrspolitik hervor. „Ohne jeden Realitätsbezug verkündet Staatsrat Haller scheuklappig einen jährlichen Gewerbeflächenbedarf von mindestens 70 Hektar, obwohl der langjährige Durchschnitt gerade 27 Hektar beträgt.“ Er kanzele kritische Stimmen mit dem Hinweis ab, daß aufgrund des „Arbeitsplatzbedarfs notwendige Ansiedlung von Industrie im städtischen Umland“ gefördert werden müsse. „Wird der tatsächliche Flächenfraß beibehalten, sind in 100 Jahren alle Bremer Flächen zubetoniert, was Herr Haller mit seinen Vorschlägen zu beschleunigen anzustreben scheint“, sagte der Preisverleih- Redner. Für das Engagement Hallers in der Verkehrspolitik wurde er ebenfalls „gekrönt“. „Als berufsmäßiger Wachstumsfetischist sabotiert Haller fortschrittliche Verkehrskonzepte“, fand die BUND- Jugend. Konkret sei dies bei den Themen Wesertunnel, A 281 und dem von Haller „torpedierten“ Ausbau der Straßenbahnlinien 2, 4 und 6.

Obgleich er nicht persönlich angesprochen war, wechselte Klaus- Walter Timms Gesichtsfarbe leicht ins rötliche über. Er wies einige der genannten „Preiskriterien“ zurück. „Die Umweltinteressen werden in dieser Stadt entschieden vertreten“, sagte Timm und erntete von den BUNDlerInnen Gelächter. Aber im übrigen nehme er an, „daß Herr Haller dies auch als gewisse Auszeichnung entgegennimmt“. vivA