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Vorwürfe an Limbach: „Leerlauf und Chaos“

■ Rechtspolitiker der SPD üben geharnischte Kritik an ihrer Justizsenatorin Jutta Limbach / Justiz in „desolatem Zustand“

Düster ist das Bild, das der Fachausschuß für Inneres und Recht der SPD von der Arbeit einer Senatsverwaltung zeichnet. In einem Schreiben an ihren Parteivorsitzenden Ditmar Staffelt beklagen die Genossinnen und Genossen, daß kaum irgendwo inhaltliche sozialdemokratische Ziele angegangen würden, „gravierende Mißstände werden kaum ausgeräumt“. Statt dessen bestimme „die Verwaltung, und zwar der dominierende erzkonservative Teil, weiterhin das Handeln der politischen Spitze in allen Bereichen“.

Was sich wie ein Lamento über den Koalitionspartner im Innenressort, Dieter Heckelmann (CDU), liest, ist aber eine erbitterte Abrechnung mit der von der eigenen Partei gestellten Justizsenatorin Jutta Limbach. In geharnischten Worten beklagen die SPD-Rechtspolitiker den „desolaten Zustand“ der Justiz und fordern eine „grundsätzliche Umkehr“.

Seine Stellungnahme hat der Fachausschuß auf Staffelts Bitten verfaßt, der sich einen Überblick über die „Fehlentwicklungen in der Staatsanwaltschaft und darüber hinaus in der Justizverwaltung“ verschaffen wollte. In seinem Brief konstatiert der Fachausschuß „eine Vielzahl von Versäumnissen und Fehlentscheidungen“ in der Justizpolitik. So steuern die Personalpolitik „im wesentlichen Konservative aus der Senatsverwaltung und der von der Senatorin eingesetzte CDU-Generalstaatsanwalt beim Kammergericht mit seinen engsten Beziehungen zur Senatskanzlei und zum CDU-Fraktionsvorsitzenden“. Die eigentlich aufgelöste P-Abteilung der Staatsanwaltschaft erlebe „in politisch höchst bedenklicher Weise, mit Billigung der Senatorin, wenn nicht gar auf ihre Initiative hin, eine Wiedergeburt“. Limbach wird zudem vorgeworfen, sich in dem Konflikt um das Ermittlungsverfahren gegen Pätzold in politisch anfechtbarer Weise hinter die P-Abteilung gestellt zu haben. Versäumnisse konstatieren die Verfasser auch bei der Reform der Justiz. Es fehle an Schwerpunktsetzungen, Moabit sei „ein Chaos an Ineffektivität, kostenträchtigem Leerlauf, Rationalisierungsbedürftigkeit und Schlamperei“.

Angesichts dieser massiven Kritik warf Justiz-Staatssekretär Detlef Borrmann (SPD) dem Fachausschuß vor, „zu einem Kampforgan weniger Genossen verkommen“ zu sein. Es sei „schlicht Unsinn“ zu behaupten, daß bei Beförderungen engagierte Mitarbeiter, gerade auch Sozialdemokraten, aus wichtigen Positionen verdrängt würden. Für die Position des Generalstaatsanwaltes treffe Limbach keine Verantwortung, da „die Personalentscheidung von den Koalitionspartnern vorgegeben war“.

Borrmann konzediert allerdings, „daß die Aufsicht über die Staatsanwaltschaft (...) verbesserungsfähig ist“. Dieses Thema werde angegangen, sobald dafür entsprechende Bedingungen bestehen. Der Forderung nach Rücktritt der Senatorin hält er entgegen, „daß ein Fachausschuß zurückzutreten hat, der keine fachliche Kompetenz hat“. Dieter Rulff

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