Bereits reingerechnet

■ Trickreich bessern ARD und ZDF ihre leeren Kassen auf

Warmer Regen für ARD und ZDF. Sie dürfen jetzt einen Nachschlag von rund 233 Mio. Mark im Verhältnis 80:20 unter sich aufteilen. Das ergibt sich aus einem Beschluß zum Rundfunkfinanzierungs-Staatsvertrag, den die Ministerpräsidenten der Länder auf ihrer Konferenz vergangene Woche in Bonn faßten. Die Millionen stammen aus dem Gebührenaufkommen, das sich in den vergangenen zwei Jahren für das neue bundesweite Hörfunkprogramm „Deutschlandradio“ angesammelt hat. Die Erhöhung der Rundfunkgebühren zum 1.1. 1992 war nicht nur beim Basisbetrag mit monatlich 3,30 Mark so hoch bemessen, daß ARD und ZDF daraus auch die 58 Millionen Mark Grundkosten des Bundesrundfunks abdecken können. Zusätzlich zahlt seither auch jeder Funk- und Fernsehhaushalt in den alten Bundesländern 75 Pfennige für das Radio selber, dazu weitere 75 Pfennige für den deutsch-französischen Kulturkanal arte. Durch eine Verlängerung der Kündigungszeit des Rundfunkfinanzierungs-Staatsvertrags bis Ende 1996 hoben die Regierungschefs der Länder jetzt die in Paragraph 3 bestimmte Zweckbindung dieser Mittel auf. Dieses Abkassieren durch ARD und ZDF hatte der niedersächsische FDP-Abgeordnete Martin Hildebrandt, der auch Mediensprecher aller liberalen Landtagsfraktionen ist, Anfang Dezember bereits als „klammheimliche“ Etaterhöhung kritisiert. Hildebrandt forderte, die Rundfunkgebühren um den nicht verwendeten Betrag zu senken. Das Geld zur Abdeckung von Defiziten zu nutzen sei „eindeutig staatsvertragswidrig“.

Doch genau das beabsichtigen ARD und ZDF auch mit weiteren Gebührenmillionen zu tun. Diese ergeben sich aus dem Beitritt der neuen Länder zum Rundfunkfinanz-Staatsvertrag. Dann gilt auch hier die 92er Gebührenerhöhung des Westens in voller Höhe. Die zu erwartenden Mehreinnahmen haben ARD und ZDF aber bereits in den laufenden Finanzplan „reingerechnet“, wie Peter Müller, Sprecher des ARD-Vorsitzenden Jobst Plog, bestätigte.

Allein der arte-Gebührenanteil aus dem Osten beläuft sich auf rund 50 Mio. Mark. Sie sollen auf Wunsch der Chefs von ARD und ZDF aber nicht dem arte-Etat zugeschlagen werden, sondern direkt in der ersten Reihe landen. In einer gemeinsamen Stellungnahme für die Ministerpräsidenten hatten sich Plog und Stolte dazu auf den arte-Gebührenstaatsvertrag berufen. Dort sei in Paragraph 2 der deutsche Finanzierungsanteil des Kulturkanals auf 210 Mio. festgeschrieben. Der kleine Trick: Basis der fixierten Summe waren allein die arte-Pfennige der Westrundfunkteilnehmer. Während von den Groschen der Ost-Gucker, deren arte-Anschluß die Ministerpräsidenten in Bonn gleichfalls absegneten, schlicht nirgendwo die Rede ist. Ulla Küspert