Kohl als Klumper

■ Kategorie "passable Abendunterhaltung": "Stunde der Füchse", 20.15 Uhr, ARD

Kein Schlüsselroman sei „Stunde der Füchse“, beteuert WDR-Redakteur Martin Wiebel, von dem man eigentlich Gutes gewohnt ist, über das Fernsehspiel um Intrigen, Karrieren und Macht in einer großen konservativen deutschen Partei. Vielmehr sollten Strukturen aufgezeigt werden, wie sie in allen Parteien zu finden seien.

Dennoch lag dem WDR zwecks Erhöhung der Glaubwürdigkeit offensichtlich daran, „Übersetzungshilfen“ für Begriffsstutzige zu lancieren: Mit einigen Abwandlungen nachgestellt wurde – so erklärt es lang und breit beispielsweise die ARD-Zeitschrift Das Erste – ein CDU-interner Aufstand gegen Helmut Kohl. Den betrieben 1989 maßgeblich Kurt Biedenkopf und Lothar Späth, und am Ende fiel CDU-Generalsekretär und „Querdenker“ Heiner Geißler der Palastrevolte zum Opfer. Überliefert hat die verschlüsselten Intimitäten Geißlers damaliger Grundsatzreferent Wulf Schönbohm. Der Politologe und „konservative 68er“ (Schönbohm über sich selbst), der sich als Jung-Unionist, RCDS-Vorsitzender, Programm- und Wahlkampfstratege zielstrebig CDU-Meriten erworben hatte, war wie sein Chef von der CDU-Zentrale im Februar 1990 ebenfalls gefeuert worden. Er quittierte dies nicht, wie im Adenauer-Haus zu Bonn befürchtet, mit knallharten Enthüllungen, sondern verfiel auf die Idee, einen autobiographischen Econ-Roman namens „Parteifreunde“ zu verfassen, der schon im Herbst darauf, rechtzeitig zum CDU-Parteitag in Hamburg, erschien. Rechtzeitig zum Film, zu Weihnachten und zum „Superwahljahr“ kommen die „Parteifreunde“ natürlich noch mal als Taschenbuch heraus.

In der Figur des Abteilungsleiters „Politische Planung“ Dr. Wolfgang Klaasen begegnet uns Schönbohm nun auf dem Bildschirm als fleißiger, loyaler, aber verkannter Parteimaschinist, der in seiner konservativen Partei gegen einen (anders als in der Realität) noch rechteren Putschversuch operiert, aber scheitert. Die politische Botschaft lautet: Ein macht- und tobsüchtiger Parteivorsitzender und Bundeskanzler (Name: Klumper), der um jeden Preis beides bleiben will, ist weniger schlimm als ein ebenso macht- und tobsüchtiger (bayerischer) Vizevorsitzender und Ministerpräsident, der um jeden Preis Parteivorsitzender und Bundeskanzler werden will. Deshalb ist es opportun, schmutzige Tricks mit schmutzigen Tricks auszuhebeln. Dabei bleiben leider die „Guten“ und das Menschliche auf der Strecke, aber so ist das nun mal in der Politik, alles ist relativ. Wenn sie ins Grübeln kommen, ist es zu spät.

Manchmal passiert es ja, daß aus schlechten Büchern gute Filme werden. Regisseur Detlef Rönfeld ist das nicht passiert. Und das, obwohl nur „Motive“ der Roman- Vorlage zur Verwendung kamen. Geholfen hat auch nicht, daß das Drehbuch der durchaus versierten Film- und Fernsehautoren Rainer Berg und Frank Göhre siebenmal umgeschrieben wurde. Selbst der dann noch angehängte Schluß, angeblich „weniger sentimental“ als im Skript vorgesehen, rettet nichts mehr.

Der von WDR-Dramaturg Wiebel angekündigte „Störfall für die willige Sause auf der Unterhaltungsspirale“ wurde akurat vermieden. Aber was soll's: Sie sehen deutsches Fernsehen, Kategorie „Abendunterhaltung um 20.15 Uhr“, passabel, aber harmlos – einen auf Politkrimi geschminkten „Tatort“ also, nur ohne den Trailer und die typische Musik. Und ohne Kommissar. Aber so was ist im echten „Tatort Bonn“ ja auch nicht vorgesehen. Ulla Küspert

Natürlich denkt Heiner Geißler immer noch quer. In der Sendung „Spiegel-Thema“, heute um 23.10 Uhr als Wiederholung bei Vox, verrät der ehemalige Generalsekretär, was er als „CDU-Kritiker“ vom „desolaten Zustand seiner Partei“ hält. Wie die CDU wieder aus dem Tief herauskommt, wollen die „Spiegel“-Redakteure Hellmuth Karasek und Wolfgang Kaden wissen.