■ Das Portrait
: Marin Sorescu

„Dummköpfe sind die geborenen Revoluzzer.“ Mit dieser Bemerkung verhöhnte der kürzlich zum rumänischen Kulturminister ernannte Dichter Marin Sorescu (57) die Demonstranten in Bukarest, die dem Aufruf der Gewerkschaften gefolgt waren, um gegen die Iliescu-Regierung zu protestieren.

Unter Nicolae Ceaușescu entwickelte sich Sorescu zu einem Meister der Anpassung, der paradoxerweise im Rufe eines literarischen Bilderstürmers stand. Anfang der achtziger Jahre geriet er jedoch in das Visier der Securitate, weil er an Zusammenkünften der als staatsfeindlich eingestuften „Transzendentalen Meditation“ teilgenommen hatte. Mit einem Lobgedicht auf die Landesfahne erschmeichelte er sich erneut das Wohlwollen des Diktatorenehepaares: „Siegreich im Kampfesmute, / allen Schutz und Schild, / der Bergmann, das Lied der Lerche / stehen in deinem Bild. / (...) Die Farben hältst du in der Hand, / die drei Silben – Vaterland.“

Nach der Wende ergriff er Partei für Iliescu. Im Sommer 1992, als das Fernsehen das politische Comeback des kompromittierten Hofdichters Adrian Paunescu einleitete, leistete Sorescu moralische Schützenhilfe. Scheinheilig bezeichnete er ihn als ein „Opfer der Wende“. An der von Paunescu herausgegebenen ultranationalistischen Zeitschrift mit dem Titel Dennoch die Liebe hatte er nichts auszusetzen.

Als frischgebackener Minister soll Sorescu nun dem ramponierten Image Rumäniens im Ausland Glanz verleihen. Sein Arbeitsteam besteht aus Leuten wie Ion Gheorghe, Verfasser zahlreicher Lobgedichte auf Ceaușescu, heute führendes Mitglied der KP-Nachfolgerin Rumänischer KulturministerFoto: AP

„Sozialistische Partei der Arbeit“, Anghel Dumbraveanu, Ex-Vorsitzender der Temeswarer Schriftstellervereinigung, der nach der Revolution von den Aufständischen entthront wurde und sich danach für die Rehabilitierung des früheren militärfaschistischen Diktators und Hitler- Verbündeten Antonescu stark machte, oder Mihai Ungheanu, chauvinistischer Literaturkritiker und Verfechter der nationalkommunistischen Doktrin des sogenannten „Protochronismus“ – einer radikalen Form des rumänischen Ethnozentrismus –, heute Mitarbeiter der neofaschistischen Parteizeitung RomÛnia Mare (Groß- Rumänien). William Totok