Jerusalemer Patriarch: Freiheit für Hamas-Führer!

■ Israelis entließen die Mehrzahl, der in den Libanon deportierten Palästinenser

Tel Aviv (taz) – Das Oberhaupt der katholischen Kirche in Jerusalem, Patriarch Michel Sabah, hat die israelische Regierung aufgefordert, „als Zeichen des Friedenswillens“ alle in israelischen Gefängnissen sitzenden Palästinenser freizulassen.

Namentlich nannte Sabah den geistigen Führer der islamistischen Hamas-Bewegung, Scheich Ahmad Jassin. Der gelähmte Scheich wurde zu lebenslanger Haft verurteilt, weil er angeblich dazu aufgerufen hatte, Palästinenser, die mit den israelischen Besatzungstruppen kollaborieren, zu ermorden.

Die Erklärung erfolgte wenige Tage, nachdem die israelischen Behörden 132, der insgesamt 197 Hamas-Mitglieder, die vergangene Woche aus dem Süden Libanons zurückgekehrt waren, auf freien Fuß setzten. Die Palästinenser waren vor über einem Jahr deportiert worden und nach ihrer Rückkehr sofort interniert worden.

Über das weitere Schicksal der 65 in Haft verbliebenen Hamas- Leute wollen die Militärbehörden noch entscheiden. Bisher wurden sieben der ehemals Deportierten zu Administrativhaftstrafen – also ohne Gerichtsverfahren – von sechs Monaten verurteilt. Unter ihnen befinden sich der aus Fernsehberichten weltbekannte Sprecher der Deportierten, Abd el- Aziz ar-Rantisi, und zwei andere Mitbegründer von Hamas, Abd el- Fatah Dohan und Muhammad Abu Dschama. Ihr Einfluß in der der palästinensischen Öffentlichkeit reicht weit über den Rahmen von Hamas hinaus.

Israelische Sicherheitsbeamte erklärten nach der Entlassung der 132 Hamas-Anhänger, diese würden höchstwahrscheinlich „zu keiner feindlichen Tätigkeit zurückkehren“. Sie wüßten, „daß sie unter ständiger Überwachung stehen.“ Die Besatzungsbehörden haben ihnen neue Identitätskarten ausgestellt, mit denen sie nicht legal nach Israel einreisen können. Des weiteren wurde ihnen verboten, sich an Demonstrationen oder anderen Aktionen gegen das Gaza-Jericho-Abkommen zu beteiligen. Sollten sie es dennoch tun, würden israelische Soldaten dies zu verhindern wissen, erklärten die Sicherheitsbeamten.

Die Heimkehrer behaupteten dagegen, sich gegenüber den israelischen Behörden „zu nichts verpflichtet, und keinerlei Erklärungen unterschrieben“ zu haben. Die meisten von ihnen zeigten sich davon überzeugt, daß ihre Deportation den Einfluß der Hamas-Organisation gestärkt habe.

Einer der Freigelassenen, der Arzt Mahmud Az-Zahar, erklärte, die islamische Bewegung müsse sich weiter gegen den Friedensprozeß „in der Weise, wie er geführt wird,“ politisch engagieren. Die in Oslo ausgehandelte Teilautonomie für Jericho und den Gaza- Streifen untergrabe „die Moral des palästinensischen Volkes.“

Gleichzeitig machte Az-Zahar aber deutlich, daß Hamas sich die Option offenläßt, sich an der künftigen palästinensischen Verwaltung zu beteiligen. „Wir haben nicht die Absicht, palästinensische Polizisten zu töten. Und falls es sich um eine unpolitische, demokratische Organisation handelt, besteht auch kein Grund für eine Nichtbeteiligung von Mitgliedern der islamischen Bewegung an einer solchen Polizei“, sagte der Arzt. Amos Wollin