Alle gegen Bausenatorin

■ Großer Streit um designierten neuen Gewoba-Chef

Großen Ärger sowohl innerhalb der Koalition als auch von der Opposition hat sich Bausenatorin Eva-Maria Lemke-Schulte mit der Nominierung ihres Staatsrates Jürgen Lüthge als Nachfolger des ausscheidenden Gewoba-Chefs Eberhard Kuhlenkampff eingehandelt. Ob Lüthge tatsächlich zum neuen Chef des mehrheitlich kommunalen Wohnungsbauunternehmens gekürt wird, soll am 17. Januar im Koalitionsausschuß beraten werden. Widerstand erzeugte dabei weniger die Person Lüthge als das Auswahlverfahren, das zu seiner Nominierung geführt hatte.

„Sowas gehört vorher besprochen“, erklärte Bürgermeister Wedemeier gestern und konnte deshalb die „Verärgerung der Koalitionspartner durchaus verstehen“. Von der Bewerbung des Baustaatsrats habe er erst am Montag nachmittag erfahren, nachdem seine Nominierung im Personalausschuß der Gewoba bereits beschlossen war. Dies sei eine „Kritik am Verfahren“, gegen die „Person Lüthge“ habe er nichts.

Auch Stadtentwicklungssenator Fücks und Wirtschaftssenator Jäger fühlen sich übergangen und sehen das Auswahlverfahren „äußerst kritisch“. Und selbst der SPD-Fraktionsvorsitzende Claus Dittbrenner gab gestern seine „große Verärgerung“ zu Protokoll. Als „nahtlose Fortsetzung der Selbstbedienungsmentalität der SPD“ ordnete schließlich CDU-Fraktionschef Peter Kudella die Lüthge-Entscheidung ein.

Auf völliges Unverständnis stoßen die Politiker mit ihrer Kritik allerdings bei Bausenatorin Lemke-Schulte, die als Gewoba-Aufsichtsratsvorsitzende direkt an der Entscheidung des Personalausschusses beteiligt war. „Das war ein absolut sauberes Verfahren, das es so in Bremen zuvor noch nie gegeben hat“, erklärte sie gegenüber der taz. Im Gewoba-Aufsichtsrat, dem u.a. auch Ralf Fücks angehört, sei einstimmig beschlossen worden, daß der Personalausschuß zusammen mit dem Personalberatungsbüro Kienbaum einen Vorschlag für die Kuhlenkampff-Nachfolge macht, und so sei es auch geschehen.

Und auch Axel Weber, der Banken-Vertreter im Personalausschuß, kann „nichts Schlechtes und nichts Falsches“ an dem Bewerbungsverfahren entdecken: „Wir haben uns sehr viel Mühe gegeben und einen einstimmigen Beschluß in Übereinstimmung mit dem Büro Kienbaum gefaßt. Weder die Gewoba noch die Bewerber haben jetzt dieses Theater verdient.“

Hintergrund der besonderen Verärgerung von Wedemeier, Fücks, Dittbrenner und anderen Koalitionspolitikern ist allerdings die Tatsache, daß die Nominierung von Staatsrat Jürgen Lüthge für den mit rund 200.000 Mark im Jahr dotierten Gewoba-Chef-Posten eben gerade keine „normale Personalie“ ist und deswegen auch nicht als solche behandelt werden kann. Schließlich hat Lüthge seine Auswahl quasi selber in der Hand gehabt. Seit zehn Jahren ist er rechte Hand von Eva-Maria Lemke-Schulte, und noch nie hat die Senatorin eine wichtige Entscheidung ohne den Rat ihres Staatsrats gefällt. So ist kaum vorstellbar, daß das Bewerbungsverfahren, für das die Bausenatorin als Gewoba-Aufsichtsratsvorsitzende verantwortlich war, an Lüthges Schreibtisch vorbeigelaufen sein sollte. Und noch direkt vor der entscheidenden Sitzung des Personalausschusses ist Lüthge mit dem Gewoba-Betriebsratsvorsitzenden und dritten Mann im Personalausschuß, Schumann, zusammen in der Kneipe gesehen worden.

Indirekt bestätigt auch Lemke-Schulte die Besonderheit der Lüthge-Bewerbung. „Das war die schwierigste Personalentscheidung meines Lebens“, gestand sie gestern. „Befangen“ habe sie sich aber dennoch nicht gefühlt. Das sei schließlich auch daran zu erkennen, daß sie – ganz gegen ihr Eigeninteresse – Lüthge seinen Weg an die Gewoba-Spitze nicht verbaut habe. Lemke-Schulte: „Es darf doch kein Berufsverbot für Politiker geben, wenn sie sich in kommunalen Unternehmen bewerben.“

Gerüchte über ihre eigene Amtsmüdigkeit wies die Bausenatorin gestern entschieden zurück. „Ich bleibe bis zum Ende der Legislaturperiode, und was danach kommt, entscheiden die Wähler.“ Einen Nachfolger für Lüthge habe sie allerdings noch nicht gefunden.

Bis zur zum 17. Januar müssen sich die Koalitionspartner nun entscheiden, ob sie den Fall Lüthge an die große Glocke hängen und das Auswahlverfahren noch einmal aufrollen wollen. Zumindest in dieser Fragen waren Lemke-Schulte und Dittbrenner gestern einer Meinung: „Ich gehe nicht davon aus, daß es noch Schwierigkeiten gibt“, erklärte die eine, „der Zug ist abgefahren“ der andere. Die endgültige Entscheidung über den neuen Gewoba-Chef soll Ende Januar in der Gesellschafter-Versammlung fallen. Dort wird Bremen als Mehrheitseigner von Finanzsenator Volker Kröning vertreten.

Dirk Asendorpf