„Keine Blutspenden von Nicht-Europäern“

■ Mediziner mit rechten Kontakten

Berlin (taz) – An der Würzburger Uniklinik durfte vor kurzem eine äthiopische Krankenschwester kein Blut spenden, obwohl sie lange Zeit nicht in Afrika war und alle sechs Monate einen HIV-Test macht. Die Klinik schließt „wegen des hohen Durchseuchungsgrades“ grundsätzlich alle nach 1977 aus Afrika Eingewanderten aus. Verantwortlich für die restriktive Auslegung der Richtlinien von Bundesärztekammer und Bundesgesundheitsamt ist Professor Dieter Wiebecke, Leiter der Abteilung für Transfusionsmedizin.

„Genausoviel Probleme würden mir Asiaten machen“, erklärte er gegenüber der taz. Am liebsten wäre ihm, „wenn alle, die nach 1977 aus dem außereuropäischen Ausland eingewandert sind, von Blutspenden ausgeschlossen“ würden. Nur bei „Neuseeländern, die von Europäern abstammen“, würde er eine Ausnahme machen. Denn „wenn sich die Völker mischen, werden auch die Risiken vermischt“. Besser also, man hält sich die stärker durchseuchten Völker vom Leib.

Wiebecke ist nicht nur mit solcherart medizinisch verbrämtem Rassismus aufgefallen, sondern auch mit einer Rede, die er am Pfingstmontag diesen Jahres zum 125jährigen Bestehen des Coburger Convents hielt. Der Oberstarzt der Reserve verglich in einer Gedenkrede für die Gefallenen der beiden Weltkriege den aussichtslosen Kampf der Spartaner gegen die Übermacht der Perser mit Stalingrad. Auch die 6. Armee der deutschen Wehrmacht habe sich zuletzt in einer völlig ausweglosen Situation befunden. „Trotzdem“, so Wiebecke, „hielten ihre tapferen Kämpfer aus.“ Der kleine, aber entscheidende Unterschied zwischen Sparta und Stalingrad: Die deutsche Armee führte einen brutalen Angriffskrieg, die Spartaner verteidigten sich. Wiebecke steht nach wie vor zu seiner Rede, die vielfach „falsch interpretiert“ worden sei. Sein Vergleich beziehe sich in beiden Fällen auf „Menschen auf verlorenem Posten, die sich aufopfern und bis zum Letzten weiterkämpfen“. Es gehe ihm keineswegs um eine „Ehrenrettung für die oberste Führung“. „Diese Armeen sind mißbraucht worden. Der ethische Wert des Opfers der Soldaten wird dadurch nicht gemindert.“

Der Coburger Oberbürgermeister Norbert Kastner (SPD) fand Wiebeckes Rede „schlicht skandalös und sehr enttäuschend“. FDP- Stadtrat Hans Eidt forderte gar, daß sich die Stadt offiziell vom nächsten Coburger Convent zurückziehen solle.

Dieter Wiebecke ist schon als Student in die „obligat fechtende Verbindung“ des Coburger Convents eingetreten. Eine gewisse Faszination für Waffen räumt der Reserveoffizier der Bundeswehr auf Nachfrage ein. Zugleich spielt er die antisemitische Geschichte des Convents herunter. Dessen Satzung schloß bereits 1894 jüdische Studenten als Mitglieder aus, jüdische Alte Herren mußten den Verein verlassen. „Das war ein allgemeiner Zug der Zeit“, so Wiebecke, zudem „ein Phänomen in ganz Europa“ und „für das heutige Denken nicht mehr relevant“.

Doch auch in der Gegenwart spielt der Coburger Convent eine unrühmliche Rolle. Bei der Jubiläumsfeier in Coburg bezeichneten Redner die gerade erst einen Tag zurückliegenden Morde in Solingen als „bedauerlichen Einzelfall“. Nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung soll auf dem Marktfest des Convents ein offenbar betrunkener Schärpenträger am Mikrofon seine Solidarität mit den Mördern von Solingen geäußert haben. Dorothee Winden