Stephan Waldberg von Demirel begnadigt

■ Nach 14 Monaten Haft in der Türkei

Berlin (taz) – Nach 14 Monaten in türkischen Gefängnissen ist der deutsche Journalist Stephan Waldberg gestern vom türkischen Staatspräsidenten Süleyman Demirel begnadigt worden. Nachdem die Verurteilung Waldbergs zu drei Jahren und neun Monaten Haft wegen angeblicher „Kuriertätigkeit“ für die „Arbeiterpartei Kurdistans“ (PKK) vom höchsten türkischen Gerichtshof bestätigt worden war, gab es für den 29jährigen Waldberg nur noch die Begnadigung aus gesundheitlichen Gründen, um vorzeitig entlassen zu werden. Er selbst hatte sie beantragt und war von türkischen und deutschen Ärzten untersucht worden. Vergangene Woche diagnostizierte das gerichtsmedizinische Institut in Istanbul, der in der Haft bis auf die Knochen abgemagerte Waldberg leide an „chronischer Psychose“.

Waldbergs „Verbrechen“ bestand in einer Recherchereise nach Türkisch- und Irakisch-Kurdistan im Herbst 1992, in deren Verlauf er auch Lager von PKK-Einheiten besuchte. Auf seiner Rückreise wurde der freie Mitarbeiter des Freiburger „Radio Dreyeckland“ am 22. Oktober an der türkischen Grenze verhaftet. In seinem Gepäck fand die Polizei ein in einem Umschlag verschlossenes Grußschreiben eines PKK-Funktionärs an Freunde in Deutschland. In dem Prozeß machte das Staatssicherheitsgericht in Diyarbakir Waldberg deswegen zum „Kurier“ der PKK, was ihm die hohe Strafe einbrachte.

Waldberg wurde in der Polizeihaft gefoltert. Er berichtete unter anderem von einer simulierten Hinrichtung. Die deutsche Diplomatie ging diesen Foltervorwürfen nicht nach. Ihr gelang es auch nicht, in Ankara eine schnelle Freilassung durchzusetzen. Gestern allerdings, nach der Begnadigung, rühmten sich gleich zwei Bonner BundesministerInnen ob ihres „nachdrücklichen“ Einsatzes für Waldberg. dora