■ Tip
: Rolle & Realität

„Denver-Clan ohne Maske“ (1), Nord 3, 23.35 Uhr

Der neue Königstein ist da: Das dreistündige und zweiteilige Werk des Machers von „Hamburger Gift“ hat sich die Edel-Soap „Dynasty“ vorgenommen. Eine „Familiengeschichte“ (Untertitel), die weit mehr bietet als Stammbaum- Lametta. Hintergrund ist der Wahlkampf in den USA im Herbst 1992. Die Wirtschaft ist in einem desolaten Zustand, die Rezession diktiert die Themen. Die Feelgood-Ära ist vorbei.

Horst Königstein beleuchtet die gesammelten 80er Jahre und liefert gleichzeitig eine dokumentarische Momentaufnahme des heutigen Amerika. Spielerisch verbunden wird dies mit dem Beziehungsgeflecht der „Denver-Clan“- Hauptdarsteller.

Fast ein Jahrzehnt lang wurden im „Denver-Clan“ die Intrigen der Schönen und Reichen erzählt. Es ging um viel Geld – und um den Erfolg von Frauen jenseits der Vierzig. Über 217 Folgen hinweg verkrallten sich die dämonische Alexis und die herzensgute Krystle ineinander und in breite ausgestopfte Anzugschultern. 1989 war die Serie dann ebenso ab- und ausgelaufen wie die Versprechungen der Reagan-Administration. Was machen die Darsteller des Denver- Clans heute? Was hat die Serie mit ihrem Leben gemacht? War alles nur „Soap“? Um diesen Fragen auf den Grund zu gehen, tourte Horst Königstein zusammen mit „Dynasty“-Darsteller Al Corley im Oktober/November 1992 durch die USA. Corley, der den ersten Schwulen in einer prominent besetzten TV-Serie spielte, traf nicht nur Schauspieler-Kollegen von einst, sondern eine „Familie“. Die Verwischungen von Rolle und Realität waren heftig.

Was laut Königstein der „unterschwelligen Struktur des Klatsches“ genügen sollte, ist ein Hauptwerk geworden. In wohltuend ruhig geschnittenen Bildern wird ein Mythos seziert. Und das für rezessionsgerechte 180.000 Mark Produktionskosten, ohne „zusätzliche Inszenierungen“. Beigegeben wurde lediglich etwas Weichzeichner – denn sie sind alt geworden, die Helden von damals...Caro Wenzel

In B 1 am 1. und 2. Janaur, im Frühsommer im Ersten.