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■ Europäische Werbefuzzis entdecken KapstadtMode am Kap der Guten Hoffnung

Kapstadt (taz) – Die Umgebung von Kapstadt hat nicht nur zu bieten, was ein Touristenherz begehrt, sondern auch, was der Reklameindustrie behagt. Kapstadt befindet sich seit Ende der politischen Isolierung Südafrikas auf dem besten Wege, neben Miami, Los Angeles oder Sydney eine der Hochburgen der internationalen Werbeindustrie zu werden. „Ich sehe keinen Grund, warum wir Miami nicht ausbooten könnten“, sagt etwa ein selbstbewußter Barry Greyvenstein von der südafrikanischen „Fernseh- und Videovereinigung“. Auf 25 Millionen Mark Umsatz veranschlagen Experten den Umsatz der Werbeindustrie in der Saison von Oktober 1992 bis zum Frühjahr 1993. Die Zahl von insgesamt 25 Produktionen für die letzte Saison wurde in diesem Jahr bereits erreicht, obwohl der Höhepunkt der Saison erst im kommenden Februar ansteht. „Letztes Jahr waren irgendwann keine Teams mit Ausrüstung mehr zu haben“, erinnert sich Wendy Golding von „Original Cape Artists“. Die Kapstädterin hat einer ehemaligen Brauerei ihr kleines Büro und kann sich zeitweise nicht vor Anfragen retten. Dabei vertritt sie nur Schauspieler und „Charakter“. Ein Großteil der Anfragen bezieht sich dagegen auf Modelle, bei denen nur Körper und Gesicht zählen. Das haben mittlerweile mehrere ausländische Modelle spitzbekommen. Sie ziehen aus Europa nach Kapstadt um, wenn der Werbe-Zirkus sich für die Stadt am Kap der Guten Hoffung interessiert. Denn dort fließt nicht nur das Wasser im Uhrzeigersinn aus der Badewanne ab, weil die Stadt südlich des Äquators liegt. In Kapstadt herrscht deshalb auch Hochsommer, wenn Europa in der Kälte vergeht. „Sobald der Schnee dort geschmolzen ist, sind die Crews wieder weg“, sagt John Sharvad von der Agentur „Cape Direct“. Er weist auf einen anderen Pluspunkt für Kapstadt hin. Die südafrikanische Stadt ist etwa 50 Prozent billiger als die Konkurrenz. Wendy Golding: „Wir hatten eine Firma, die sagte, der ganze Einsatz wäre 150.000 britische Pfund billiger geworden als etwa in Australien.“ John Sharvard: „Wir müssen aufpassen, daß wir uns nicht selbst mit unseren Preisen übertölpeln. Das ist in Miami passiert.“

Kapstadt ist freilich für europäische Werbeunternehmen nicht nur wegen der Preise interessant. Dank der Nord-Süd-Verbindung fällt der Jet-Lag weg, die Teams können mit der Arbeit anfangen, ohne vorher die Zeitumstellung zu überwinden. Und die Umgebung bietet den angereisten Teams alle Landschaften. „Von der Wüste bis zum traditionellen britischen Dorf können wir mit allem aufwarten“, weiß Sharvad. Für deutsche Modefotografen war Kapstadt sogar interessant, als noch der Anti-Apartheid-Kampf tobte. Sie knipsten für die deutschen Sommerkataloge. Willi Germund

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