Geschäfte zwischen guten Nachbarn

■ Pakistan und China fordern Aufhebung von US-Sanktionen und bekräftigt Zusammenarbeit / Bhuttos Regierung hofft, daß Peking im Kaschmir-Konflikt vermittelt, doch die Gastgeber halten sich bedeckt

Peking (AFP/taz) – Pakistans Premierministerin Benazir Bhutto und ihr chinesischer Amtskollege und Gastgeber Li Peng sind sich einig: Die USA behandeln ihre beiden Länder schlecht und müssen sofort damit aufhören. Vor allem sollen sie die Sanktionen wieder aufheben, die Washington Ende August mit der Begründung verhängte, daß China M-11-Raketentechnologie an Islamabad verkauft und so gegen internationale Kontrollvereinbarungen verstoßen habe. Danach dürfen US-amerikanische Firmen zwei Jahre lang keine Spitzentechnologie liefern, die auch für Kriegsgerät nützlich sein könnte. Die Sanktionen seien „vollkommen ungerechtfertigt“, sagte Chinas Außenamtssprecher Wu Jianmin gestern nach einem zweieinhalbstündigen Treffen zwischen Bhutto und Li in Peking.

China gehört zu den wichtigsten Waffenlieferanten Pakistans. Die Handelsbeziehung wurde für Islamabad zunehmend wichtig, nachdem die USA 1990 ihre Wirtschafts- und Militärhilfe für Pakistan eingestellt hatten. Dieser Schritt war mit dem Verdacht begründet worden, der südasiatische Staat entwickele eine Atombombe. Allerdings hat die US-Regierung in den vergangenen Wochen deutlich gemacht, daß sie Pakistan dessen ungeachtet bald wieder uneingeschränkt Militär- und Wirtschaftshilfe zukommen lassen will (taz v. 21. 12.).

Tatsächlich hat Pakistan Anfang 1992 zugegeben, über eine nukleare Waffenkapazität zu verfügen. Unter diesem Aspekt wird die intensive Zusammenarbeit zwischen Islamabad und Peking im atomaren Bereich international mit Sorge beobachtet. Beide Parteien versicherten bislang, es gehe ausschließlich um eine zivile Nutzung der Atomenergie.

Nach Angaben Wus informierte Bhutto ihren chinesischen Gesprächspartner ferner über die Situation in dem zwischen Pakistan und Indien umstrittenen Kaschmir-Tal. Im Januar sollen die Außenminister Indiens und Pakistans zusammenkommen, um die gegenseitigen Ansprüche auf Kaschmir zu verhandeln, das zwischen beiden Staaten aufgeteilt ist. China wolle jedoch keine Vermittlerrolle in dem Konflikt spielen, sagte Wu. Das Problem müsse von beiden Parteien in „geduldigem Dialog“ gelöst werden. Nach dem Treffen zwischen den beiden Regierungschefs wurden fünf Kooperationsabkommen für die Bereiche Wirtschaft, technische Zusammenarbeit, Grenzhandel, Verkehr und Wissenschaft unterzeichnet.

Bhutto war am Montag zu einem dreitägigen Besuch in China eingetroffen. Gestern standen auch Treffen mit anderen hochrangigen Regierungsmitgliedern und Präsident Jiang Zemin auf ihrem Programm. Heute soll die pakistanische Premierministerin zu einem zweitägigen Besuch Nordkoreas weiterreisen. Beobachter rechneten damit, daß sie eine Vermittlung im Konflikt zwischen Pjöngjang und Washington um die Inspektion von zwei umstrittenen Atomanlagen Nordkoreas anbieten werde. li