Enthüllungsgeschichten

■ Das Denkmal Robert Kochs kehrt an seinen Platz zurück / Volker Hassemer sieht Flüsse, wo gar keine sind

Nun sitzt er wieder, streng aufrecht, die Rechte zur Faust geballt und mit in die Ferne gerichtetem Weitblick an seinem ursprünglichen Ort. Die Rede ist von Robert Koch (1843 bis 1910), respektive dem Denkmal des Arztes am gleichnamigen Platz im Schatten der Ostberliner Charité, das von Stadtentwicklungssenator Volker Hassemer gestern „zum zweiten Mal“ enthüllt wurde. Im Zuge der Umgestaltung der quadratischen Doppelplatzanlage Robert-Koch- Platz/Platz vor dem Neuen Tor, die Karl Friedrich Schinkel zu Beginn des 19. Jahrhunderts entworfen hatte, sei die Koch-Skulptur im Jahre 1992 restauriert worden, sagte Hassemer. Der treppenförmige Sockel wurde nach alten Fotografien des Forschers rekonstruiert. Der von Louis Tuaillon als marmorner Sitzgreis inszenierte Entdecker des Milzbrand- und Tuberkulosebazillus throne wieder wie zu Kaisers Zeiten über der östlichen Rasenfläche des mit Bauten eingerahmten Platzes. Die erste Enthüllung hatte 1916 zur Einweihung des Denkmals stattgefunden, noch im gleichen Jahr erfolgte die Umbenennung des einstigen Luisenplatzes in den bis dato gültigen Namen. 1921 erhielt Robert Koch auf der Westseite einen steinernen Nachbarn, den Chemiker Emil Fischer, dessen Denkmal heute die Freie Universität in Dahlem ziert. Der Krieg und die Nachkriegszeit zerstörten den Platz an der Invalidenstraße. Das Koch-Denkmal wurde teilweise beschädigt. Als die Planer des großen Bettenhauses der Charité in den siebziger Jahren einen Standort für die Kantine benötigten, suchten sie sich die Fläche zwischen den großen Kastanien auf dem Robert-Koch-Platz aus. Die Figur wurde vom Sockel geholt und seitlich ins Gebüsch gedrängt. Der Platz, erklärte Hassemer, sei nach den Plänen seines Zustandes von 1920 wiederhergestellt worden. Die Gesamtkosten der Anlage betrugen 660.000 Mark, davon wurde eine Summe von 80.000 Mark zur Restaurierung des Denkmals aufgewendet.

1994 soll auch die Nordseite des Platzes umgebaut werden, sagte Beate Profé, Planerin bei der Grün Berlin GmbH, zur taz. Nach den Plänen von Josef Paul Kleihues ist vorgesehen, die beiden früheren Schinkelschen Torhäuser in veränderter Form wieder aufzubauen. Der „innere dunkle Stadtplatz“ sowie der Ort vor dem Tor prägten dann wieder den Stadtraum, der bis vor kurzem noch die Akademie der Künste (Ost) beherbergte. Nun sollen sich Ministerien, Behörden und Investoren neben der Charité ansiedeln.

Auf dem anschließenden Presserundgang enthüllte Hassemer einen „verschwundenen“ Berliner Wassergraben: die wasserlose Panke auf dem Gelände der Veterinärmedizinischen Abteilung der Humboldt-Universität. Es bestehe die Absicht, so Hassemer, den offenen unverbauten Graben wieder mit Wasser zu füllen. Abschnittsweise sei geplant, den seit dem Mauerbau abgeklemmten und „verrohrten“ Stadtgraben wieder bis zum Bahnhof Friedrichstraße freizulegen.

Die Panke werde heute an der Chausseestraße in den Berlin- Spandauer-Schiffahrtskanal geleitet, bemerkte der Stadtplaner Hans Göhler (Grün Berlin) in einem Gespräch mit der taz. Die unterirdisch verlegten Rohre im Bezirk Mitte seien vielfach durch Betoneinlassungen zusätzlich verschüttet. Ein rund zehn Millionen Mark teures Ausgrabungsprogramm indessen könnte aus der einstigen Kloake ein ganzjährig wasserführendes Fließgewässer machen. Die alte Panke schlösse den schon intakten überörtlichen Freiraum, der „in Sprüngen“ von der Innenstadt bis zum nahen Umland reicht. Mit der Reaktivierung der Panke sowie eines Fußweges werde ein Beitrag zur Entlastung des Stadtklimas und der Freiraumknappheit geleistet. Probleme für die Umsetzung eines plätschernden Pankeflüßchens sieht Göhler im Bereich der geplatzten Olympia-Halle sowie des geplanten Bauministeriums an der Invalidenstraße. Dort führte die Panke „noch durch ein schwarzes Loch“, weil Grundstücks- und Planungsabsichten nicht endgültig geklärt seien. Göhler forderte, daß ab 1994/95 Planfeststellungsverfahren den „Freilauf“ der Panke rechtlich absichern. Zusätzlich müsse mit Investoren wie im Falle der Bauherren von „Haus Dänemark“ über finanzielle Beteiligungen der Ausgrabungsarbeiten verhandelt werden. Rolf Lautenschläger