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Schwimmt Schirinowski jetzt durch die Oder?

■ Das Einreisevisum hat Klaus Kinkel dem faschistischen Wahlsieger Rußlands verweigert

Berlin/Sofia (taz/dpa/AP) – Dem rechtsradikalen russischen Politiker Wladimir Schirinowski ist gestern vom Auswärtigen Amt die Einreise in die Bundesrepublik verweigert worden. Der Führer der faschistischen Liberal-Demokratischen Partei Rußlands (LDPR) hatte das Visum in Bulgarien beantragt; Deutschland sollte Abschluß und Höhepunkt seiner Europatour werden. Zuvor hatte er in Bulgarien einen Skandal veranstaltet, als er die Ablösung von Präsident Schelju Schelew verlangte und seinen Berater Svetoslav Stoilev als Nachfolger vorschlug. Mit brachialen Äußerungen zur russischen Außen- und Sicherheitspolitik hatte sich Schirinowski schon zu Beginn seiner Visite in Bulgarien hervorgetan. Bulgarien, so Schirinowski, müsse eine Konföderation mit Serbien, Kroatien und anderen slawischen Staaten bilden, um dann eine wirtschaftliche und kulturelle Union mit Rußland einzugehen. Rumänien und Ungarn sollte die slawische Konföderation als „minderwertige Mitglieder“ integrieren.

Die als privat deklarierte Reise endete in Bulgarien mit einem schlagzeilenträchtigen Rausschmiß. Für seine Einreiseverweigerung zog das AA in Bonn eine Gummibestimmung des Paragraphen 7 des Ausländergesetzes heran. Demnach kann AusländerInnen die Einreise verweigert werden, wenn „Interessen der Bundesregierung beeinträchtigt“ sind. Regierungssprecher Vogel sagte in Bonn, die Bundesregierung habe „kein Interesse daran, daß Meinungen und Parolen des Nationalistenführers auf deutschem Boden veröffentlicht werden“. Schirinowski wollte 18 Tage in der BRD bleiben. Eingeladen hatte ihn eine „Treuhand“-Gesellschaft mit Sitz im Westteil Berlins. Wie die taz aus Berliner Sicherheitskreisen erfahren hat, soll sie zum früheren Imperium des DDR-Devisenbeschaffers Schalck-Golodkowski gehören. Das Auswärtige Amt dementierte dies nicht, ein Sprecher desselben gab zu, daß die Firma „mit Wertpapieren bis hin zu Immobilien“ handelt.

Bereits vor Weihnachten hatte sich Schirinowski kurz in der BRD aufgehalten. „Diesmal hat uns die Dauer des Besuchs von 18 Tagen stutzig gemacht. Er hatte kein Programm und wollte eine Pressekonferenz geben“, so das AA. Letzteres führte schließlich zur Einreiseverweigerung. Der Sprecher zu der Frage, wie sich die Regierung im immer wieder auftretenden Falle einer Einreise des französischen Revisionisten Le Pen verhalte: „Abstrakte Fragen beantworte ich nicht.“

Für das Einreiseverbot erhielt Kinkel von allen Parteien viel Applaus. Kritisch reagierte Frankfurts Dezernent für multikulturelle Angelegenheiten, Daniel Cohn- Bendit: „Eine scheinbar gute Tat zum Nulltarif“ — und kein Schritt in der Bekämpfung des Rechtsradikalismus. Bei 48 Prozent Wahlerfolg der Rechten in Rom werde „Rechts normal in Europa“. Nun werde Schirinowski lediglich „zum Helden seiner Freunde“. Cohn-Bendit weiß, wovon er spricht. Im Mai 1968 verhängten die französischen Einreisebehörden ein Verbot gegen ihn. Zehn Jahre lang. „Dies hat mich bei meinen Freunden und in den Medien sehr populär gemacht.“ Während des Verbots reiste er immer wieder nach Frankreich ein. Illegal. roga/kv

Kommentar Seite 12

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