■ Der alternative Konzertführer
: Happy new Ears!

Bremens KonzertveranstalterInnen scheinen davon auszugehen, daß alle BremerInnen vom Weihnachtsfest zu ermattet sind, um noch etwas Neues zu ertragen - und haben deshalb die Pausentaste gedrückt.

Am Freitag geht natürlich die Silvesterpost ab. Wer sich unter den tausend Partys immer noch keine ausgesucht hat, könnte sich in die „Größte“ im Weserpark stürzen. Neben Shakin– Stevens , den Mushroams und Freesteps werden die Mamas & Papas , Middle of the Road und Scott MacKenzie all jenen, die den Jahresrückblick nicht mehr ohne Lesebrille bewältigen können, einen ungetrübten Blick in die fernere Vergangenheit ermöglichen. Die „Wildeste“ im Aladin wartet mit einem Top-Act auf: die Leningrad-Cowboys - auch nicht gerade neu in Bremen - werden für Skurril-Pop'n Roll sorgen. Das Lagerhaus dagegen bleibt zwar programmlich eher im Lande, könnte aber dafür um einiges origineller sein: das orchestre du pain lädt zum Best-Of-Programm, und nach den Null-Uhr Glocken ist diese Party mit den Bogus Brothers,Twangy Twins und Na$a zwischen Soul und Punk vielleicht die „Lauteste“.

Am Sonnabend gibt's für die unermüdlichen immerhin noch zwei Alternativen: Blues mit der mehrfach ausgezeichneten Charlys Schreckschuss Band oder Rock/Pop mit Sluice; am Sonntag genießt das neue Jahr dann die Ruhe vor den Stürmen, die seiner noch harren werden. Am Montag ist es dann endlich soweit: die Blockflöte, das Keyboard und alle Vorsätze vom Gabentisch gegriffen und runter in die Wüstestätte: die Musikerinitiative Bremen lädt zur Jazz-Session. Die Angefahrenen Schulkinder kommen bald in die Oberstufe! Nach zehn Jahren beständigen Zusammenpunkens liefern sie ihre neueste Scheibe ab: am Dienstag im Jugendzentrum Syke. Das war's dann fast schon, denn am Mittwoch ist wieder Gelegenheit zum Ohrenausschütteln.

Für alle LiebhaberInnen der Avantgardemusik muß an dieser Stelle aber noch einmal ausdrücklich auf morgen Abend hingewiesen werden: das ZDF und das ARD zeigen - zeitversetzt, um durch die Wiederholung eine umso tiefere Wirkung zu erreichen - den jährlichen Super-Event: die Neujahrsansprache unseres Bundeskanzlers - ein ganz besonderes Klangereignis, wenn man sie fern von aller Syntax und Semantik genießt. Happy New Ears!

Wilfried Wiemer