Bremen 93, ein Finanzloch...

■ Rückblick auf stapelweise Altpapier (II):Von die Zeitosigkeit aktueller Nachrichten

Sie lieben die positiven Nachrichten? Über schöne Theater- Abende, zufriedene WählerInnen, neue Arbeitsplätze, eine Brücke zum Teerhof? .

Wir Sadisten haben uns an das Motto gehalten: Die schönen Sachen erleben Sie selbst, nur die schlechten Nachrichten interessieren uns. Die Nachrichten über die Finanzlage Bremens waren natürlich gefundenes Fressen: „Senat soll nach schwarzen Löchern suchen“ (taz 9.2.1993). Im Sommer wurde es dann richtig ernst: „Bremen zieht die Sparstrümpfe an“ (6.7.1992). Bremen wischt nicht nur den Staub von den Akten, um die untersten zuoberst legen zu können, sondern nimmt die Sache in die Hand. Die zahnlose „Aufgabenkritik“ wurde abgeschafft, will sagen: umbenannt und einer „Arbeitsgruppe Aufgabenoptimierung“ anvertraut, die mit der ersten Reihe des Senatorenkollegiums besetzt war: Wedemeier, Fücks, Jäger. Finanzsenator Kröning lancierte das Wort „Giftliste“ als Überschrift für die Sparvorschläge, die abgearbeitet werden sollten. Der Schock ist verständlich, wenn man heute im Rückblick sich vor Augen führt, was da alles auf der „Senatsklausur“ unter dem Damoklesschwert der Kürzung stehen sollte: Das Knöllchenschreiben sollte privatisiert werden, wer von der Polizei eins auf den Kopf bekommt, sollte selbst dafür zahlen, jedenfalls bei Großveranstaltungen. Die Wochenstundenzahl der LehrerInnen sollte erhöht werden, die Kultursenatorin sollte über die „Umgestaltung der Zentralstelle für die Integration der Zuwanderer nachdenken“ (!), die Unterbringung von Asylbewerbern sollte „verselbständigt“ werden, auch der Kindergartenbereich, die Zuschüsse an Privatschulen sollte gekürzt und, last not least, Spazierengehen sollte die Bremer eine Gebühr kosten, jedenfalls im Rhododendren- Park (an der Autobahn entlang gehen bleibt gratis.)

Die Senatsklausur zur Giftliste fiel allerdings in die Tage der ernsten inner-SPD-lichen Wedemeier-Krise, und also kamen die SenatorInnen der Ampel zurück mit der Botschaft, gekürzt werde erstmal nichts, aber der Bürgermeister habe 11 Millionen Mark Mehrausgaben vorgeschlagen. Zu der „Arbeitsgruppe Aufgabenoptimierung“ ging der Bürgermeister dann auch nicht mehr. Als die Koalitions-Partner Jäger und Fücks das merkten, kamen sie auch nicht mehr.

Gibt es denn nichts, was Folgen hatte aus so vielen Seiten gedruckten Papiers? Doch, doch. Immerhin mußte einer seinen Hut nehmen als Folge des Stadtwerke-Untersuchungsausschusses. Sie können sich nicht erinnern, daß da sowas war? Sehen Sie, taz vom 25.8., ein Stadtwerke-Aufsichtsrat. Was der mit der Sache zu tun hatte? Er hatte sich ein Solar-Anlage auf sein Wohnmobil bauen lassen. Das kann nicht ohne Konsequenzen bleiben.

Es gibt aber wirklich auch schöne Seiten. „Rendesvous mit Bremens vergessenen Frauen“ (taz 12.6.93), oder warum einer wie der Gerold Janssen nach 20 Jahren unermüdlicher Öko-Aktivitäten für Bremen das Bundesverdienstkreuz bekommt (taz 8.2.).

Und.. und... Der Platz reicht nicht. Ein ganzer Jahrgang taz-Lokal ist ein Schatzkächsten. Jetzt kommt es zum Altpapier, und übermorgen beginnt der Nächste. K.W.