■ Gott schütze unsern deutschen Kanzler!
: Silvesterkohl, zum zwölften

Mein herzlicher Gruß wird heute abend aus verschiedenen Kanälen Ihnen, liebe Landsleute, gelten und unseren ausländischen Mitbürgern. Die sind neu in meiner Jahrespredigt, aber dafür auch nicht lieb. Der kollektive Freizeitpark bleibt heute geschlossen. Wenn Mitmenschen arbeitslos werden, darf dies niemanden gleichgültig lassen. Wir sind alle aufeinander angewiesen.

Es geht allmählich wieder aufwärts. Jetzt kommt es darauf an, diese günstigen Aussichten entschlossen zu nutzen. Es geht darum, das ist mein wichtigstes Ziel, und dieses Ziel ist erreichbar, wenn wir alle daran mitarbeiten, Arbeitgeber und Arbeitnehmer, Gewerkschaften und Verbände, Staat und Parteien. Im Blick auf die Zukunft müssen wir zugleich den Standort Deutschland stärken. Wir haben schon eine Reihe wichtiger, auch unpopulärer Entscheidungen für die Sicherung unserer Zukunft getroffen. Bisherige Arbeitsplätze fallen leider immer noch weg.

Gerade in schwierigen Zeiten kommt es darauf an, zusammenzustehen. Fleiß und Gemeinsinn sind die Grundlagen für den Reichtum unseres Landes. Ältere Menschen verdienen Achtung und Zuneigung. Deshalb ist es für mich selbstverständlich, daß die Renten nicht angetastet werden. Dennoch zwingt uns die Sicherung unserer Zukunft zu weiteren Einschränkungen. Daß sie notwendig sind, wird – wie ICH weiß – von immer mehr Menschen verstanden.

Die Jugend ist unsere Zukunft. Ich bin stolz auf unsere junge Generation (in Quedlinburg, Fulda und anderswo). In diesem Selbstverständnis werden wir auch die innere Einheit unseres Vaterlandes vollenden. Mauern aus Gleichgültigkeit müssen dabei abgebaut werden. Das ist die Aufgabe eines jeden Tages. Rechts- und Linksradikalismus – ich lasse da ganz bewußt nichts aus – sind eine Schande für unser Land!

Was wir brauchen, sind Mut und Wirklichkeitssinn. Tatkraft und Zuversicht! Das habe ich schon immer gesagt und sage es deshalb wieder und mache damit das dreckige Dutzend meiner Neujahrsansprachen voll. Sollten Sie wirklich die Glotze einschalten, um von mir etwas Neues zu hören, werde ich sagen: Auch im Jahr 1994 stehen wir vor schwierigen Aufgaben. Die Auseinandersetzung über den richtigen Weg unseres Landes ist gut, sie ist notwendig. Wir sind alle beunruhigt über die schrecklichen Kriege und die blutigen Konflikte im Osten unseres Kontinents, besonders im früheren Jugoslawien. Nur in einer starken Europäischen Union können wir diese Probleme lösen oder so ähnlich.

Das wiederhole ich ganz bewußt. Ich spreche nicht von blühenden Landschaften oder davon, daß es niemandem schlechter gehen wird. Es gilt, die Zukunft zu sichern. Was sie bringt, wird sich schon zeigen. Wir haben die schwierigen Phasen der Umverteilung tatkräftig angefaßt. Einschnitte in Besitzstände waren dabei unvermeidlich, Ansprüche mußten zurückgedrängt werden. Mit allen Nebelformeln möchte ich uns allen deshalb auch das nächste, neue Jahr zurufen: Gott schütze unser deutsches Vaterland! Hans-Georg Behr

Fachautor und Publizist, lebt in Hamburg