■ Schöner leben
: Gestiefelter Alkohol

Es soll Menschen geben, die in ihrem Leben noch nie viele Kater hatten. Nicht, daß sie keine Kater gehabt hätten, das würde ja schon die Allgemeinheit oder den guten Ton verstimmt haben. Vielleicht hatten sie auch welche und haben es nicht bemerkt oder für Grippe gehalten. Wenn diese Menschen also einen Kater hatten, dann war er eher klein und bloß ein bißchen schlecht oder eine Katze.

Wenn nun aber diese Menschen auf einmal einen großen Kater haben, dann können sie gar nicht glauben, daß es sowas gibt oder weshalb es sie trifft und ob sie überhaupt etwas dafür können, schließlich hat ja jemand anderes den Sekt mitgebracht oder es sind wahrscheinlich doch Salmonellen, wenn nicht viel eher ein schleichender Schlaganfall.

Dabei können sie eigentlich gar nichts mehr glauben, weil sie ja nun gleich sterben werden, obwohl man sich zum Sterben eventuell hinlegen müßte. Aber Menschen, die enorm selten einen Kater haben, bloß eben jetzt grade, tun so, als könnten sie sich überhaupt nicht mehr bewegen: weil's ihnen nicht nur im Magen, sondern auch in den Armen, in den Beinen und vor allem im Nacken so schlecht ist. Und also müssen solche Menschen in der Haltung verharren, mit der sie noch die letzten positiven Erinnerungen verknüpfen. Darum setzen sie sich vielleicht lieber hin, bevor sie sterben. Da sitzt dann auch der Magen etwas höher als im Liegen.

Wenn solche Menschen, die in ihrem Leben die Kater zählen können, endlich oder wieder einmal einen Kater haben, dann müssen sie am nächsten Morgen Kolumnen schreiben. Fragen Sie diese Menschen, die so etwas tun müssen, nie, zu welchem Thema oder wie das geht. Und sagen Sie um Himmels Willen nicht, daß man das überlebt. Das würde alles verderben. Claudia Kohlhase