■ Kommentar
: Lernziel verpaßt

Für die Polizei ist die alljährliche Silvesterrandale auf der Sielwallkreuzung eigentlich der ideale Stoff für eine Taktik-Schulung. Schließlich ist sie dort seit acht Jahren mit der immer gleichen Mischung aus Feindschaft, Abenteuerlust, Frust, Aggressivität, Alkohol und Schaulust konfrontiert. Und je nachdem, wie sie sich verhält, gehen drei, vier Stunden nach Mitternacht alle müde, aber mit heilen Knochen ins Bett – oder aber es müssen am nächsten Tag die bösen Folgen der Nacht bilanziert werden.

In manchen Jahren war die Polizei der Sielwallkreuzung einfach völlig ferngeblieben. Das Ergebnis waren geplünderte Geschäfte. In anderen Jahren, so auch in diesem, hatte sie es dagegen mit massiver Präsenz versucht: Das Ergebnis waren stets wilde Schlägereien, aus denen auf beiden Seiten üble Verletzungen und langwierige Strafverfahren folgten. Zwei Jahre lang allerdings war die Silvesternacht auf der Szene-Kreuzung weitgehend friedlich geblieben: Hier hatte die Polizei vorsichtig gezeigt, daß sie da ist, das Feuer und die Knallerei auf der Straße aber geduldet.

So schwer war diese Taktik-Lektion eigentlich nicht zu verstehen. Jetzt wird sich zeigen, wer sie noch immer nicht gelernt hat: der Einsatzleiter, der Polizeichef, der Staatsrat oder Innensenator Friedrich van Nispen persönlich. Die eingesetzten Polizisten, die in der Silvesternacht für die mangelnde Lernfähigkeit ihrer Vorgesetzten den Kopf hinhalten mußten, hätten allen Grund, zu protestieren. Jedenfalls die, die nicht sowieso schon lange mal Lust hatten, mit ihrem Schlagstock richtig zuzuhauen. Dirk Asendorpf