Funktionierende Beziehungen

■ betr.: „Wirtschaftsstandort Ber lin“, taz vom 17.12.93, „Daimler und Sony pfeifen auf die Umwelt“, taz vom 22.12.93

Das Grundstücksgeschenk an Sony (40 Millionen DM) und die Änderung der Stellplatzverordnung (300 Millionen DM) werden nicht die letzten Geschenke sein, die der Senat von Berlin den Investoren vom Potsdamer Platz macht. Auch im Bereich von Daimler steht ein ähnliches Grundstücksgeschäft an: die alte Potsdamer Straße, von Daimler als Baugrund gekauft, soll nun wieder öffentliches Straßenland werden, muß also vom Senat zurückgekauft werden. Zu welchem Preis, wird dann hoffentlich in der taz berichtet werden. Wahrscheinlich wird die Liste der Subventionsgeschenke damit wieder ein wenig länger, denn die Beziehung zwischen Senat und Investoren scheint zu funktionieren.

Aus Angst, die Investoren könnten sich abwenden, ist der Berliner Senat zu allen Opfern bereit: Verkauf der Grundstücke unter Wert, Planung der Verkehrsanlagen vor allem nach den Bedürfnissen der Investoren, Abriß der denkmalgeschützten Esplanade, Abholzen des Naturdenkmals alte Potsdamer Straße, die Ablehnung der notwendigen Erweiterung der Staatsbibliothek, überhaupt die Aufgabe von jeglichen demokratischen und umweltpolitischen Standards.

Was jedem „normalen“ Bauherren verwehrt würde, soll hier genehmigt werden: das Abpumpen von riesigen Mengen Grundwasser, notwendig für den Bau von unterirdischen Einkaufspassagen und die verschiedenen Tunnelanlagen, sowie die dramatische Verschlechterung des Stadtklimas, da die bis zu 80 Meter hohen Bürotürme den Tiergarten von seiner letzten Frischluftzufuhr abschneiden. Dabei wäre die Umweltverträglichkeitsprüfung noch katastrophaler ausgefallen, hätte der Senat nicht einen Trick angewandt.

Die Grenzen des Bebauungsplanes wurden willkürlich so festgelegt, daß ein großer Teil der Belastungen, die während der Bauzeit entstehen, gar nicht untersucht wurden. Die ganze Baustelleneinrichtung, die sogenannte Baulogistik, wurde einfach ausgelagert aufs Gleisdreieck, also außerhalb des Geltungsbereichs des Bebauungsplans.

Die Baulogistik mit Betonwerk, Stahlbiegewerk, Bauschuttlagerplätzen, Verladeeinrichtungen, LKW-Pisten und Rangiergleisen nimmt auf dem Gleisdreieck noch mal dieselbe Fläche ein wie die Projekte von Daimler, Sony und ABB auf dem Potsdamer Platz. Bei der Einrichtung der Baulogistik gibt es keine Bürgerbeteiligung, keine Umweltverträglichkeitsuntersuchungen, keinen Naturschutz, keinen Schutz der Anwohner von Lärm, Staub und Abgasen. Geopfert wird der Baulogistik eine einmalige Natur. Der Naturpark Gleisdreieck ist berühmt für die Vielfalt seiner Pflanzen und Tiere, die sich in vier Jahrzehnten entwickelt haben. Dort, wo die Bundesgartenschau 95 stattfinden sollte, hört man jetzt Kettensägen, Bagger und schwere LKWs arbeiten. Interessengemeinschaft

Gleisdreieck