: Schlechte Vorzeichen für Südafrikas Wahlkampf
■ Anschlag auf Kapstädter Studentenkneipe fordert vier Menschenleben / Schwarze und weiße Extremisten überbieten sich in der Ausübung von Gewalt
Kapstadt – Gewalt im Studentenviertel Observatory in Kapstadt: Fünf schwarze Attentäter stürmen am Abend vor Silvester die beliebte Kneipe Heidelberg Observatory und werfen eine mit Nägeln gefüllte Granate in den Raum. Als sie nicht explodiert, feuern die Täter mit ihren automatischen Gewehren. Danach bietet sich ein grausames Bild: Die Leichen dreier junger Frauen liegen zwischen umgestürzten Tischen und Stühlen.
Dieses jüngste Attentat in Kapstadt verheißt nichts Gutes am Kap der Guten Hoffnung für die kommenden Monate bis zu den ersten allgemeinen Wahlen in Südafrika am 27. April. Insgesamt vier Menschen starben bei dem Anschlag, sieben wurden zum Teil schwer verletzt. Bislang ist nicht klar, wer die Täter sind. Anonyme Anrufer übernahmen im Namen von zwei schwarzen Untergrundbewegungen die Verantwortung für den Anschlag. Die Kneipe liegt in einem „gemischten Viertel“, in dem viele Studenten aller Hautfarben leben.
Kapstadt, eine von Südafrikas Hauptattraktionen für Touristen, ist bereits Schauplatz einiger besonders brutaler Anschläge gewesen. Am 25. Juli starben elf Menschen, als vermummte Schützen mit automatischen Gewehren die Besucher eines Gottesdienstes in der St.-James-Kirche niedermähten. Jugendliche Anhänger des linksradikalen „Pan Africanist Congress“ erschlugen in dem Schwarzenviertel Guguletu die weiße nordamerikanische Studentin Amy Biehl.
Die meisten Opfer der politischen Gewalt stammen jedoch aus schwarzen Bevölkerungskreisen. Knapp 4.000 Menschen – darunter Südafrikas Kommunistenführer Chris Hani – starben nach Angaben der südafrikanischen Menschenrechtsorganisation HRC im Jahr 1993. Ein trauriger Rekord. Die Verantwortung liegt bei Gruppierungen im Umfeld der südafrikanischen Sicherheitskräfte, die durch Terror und Gewalt die politische Lage destabilisieren wollen; doch auch die Auseinandersetzungen zwischen konkurrierenden Schwarzengruppierungen – vor allem zwischen Anhängern der konservativen Inkatha und dem „African National Congress“ (ANC) – forderten zahlreiche Opfer. Die Nationale Partei von Staatspräsident Frederik de Klerk spielt in ihrem Wahlkampf zudem gern die Frage der unterschiedlichen Volksgruppen in der schwarzen Bevölkerung hoch – und heizt so das gespannte politische Klima weiter an.
Schwer einzuschätzen ist in diesem Zusammenhang die Rolle der rechtsradikalen weißen Organisationen. Sie drohten in den letzten Monaten wiederholt mit Krieg, falls ihre Forderungen nach Selbstbestimmung für die Buren oder nach einem eigenen „Volksstaat“ nicht erfüllt würden. Während der vergangenen Wochen gab es bereits mehrere Anschläge von maskierten Weißen auf Schwarze. Kurz vor Weihnachten explodierten auf zwei Zügen der überwiegend von Schwarzen benutzten südafrikanischen Eisenbahn Sprengsätze. Eine rechtsextreme Gruppierung übernahm die Verantwortung. Willi Germund
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