Zivis bleiben die billigsten Arbeitskräfte

■ Trotz Einsparungen setzen die Träger weiter auf Zivildienstleistende

Alles wird teurer in diesem Jahr, und vor dieser Entwicklung machen auch die Zivildienstleistenden nicht halt. Jeder Bremer Zivildienstleistende kostet den jeweiligen sozialen Träger neuerdings pro Tag vier Mark mehr. Die Träger setzen trotzdem weiter auf die Arbeit der Zivis. Denn sie seien immer noch billige Arbeitskräfte, meint der Geschäftsführer der Zentralstelle für Recht und Schutz der Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen (KDV) in Bremen, Peter Tobiassen. „Jede Alternative ist teurer.“

In das große Sparpaket der Bundesregierung sollten Einsparungen im Bereich des Zivildienstes miteingeschnürt werden. Bislang wurde ein großer Teil der Kosten für Zivildienstleistende vom Bund übernommen. Nach einer Gesetzesvorlage der Bundesregierung sollten ursprünglich 380 Millionen Mark eingespart werden. Kurz vor Weihnachten einigte man sich auf einen Kompromiß, und man will nun 180 Millionen Mark einsparen.

„Wir sind dafür, daß das Geld eingespart wird, aber unsere eigenen Sparvorschläge haben kein Gehör gefunden“, sagt Tobiassen vom KDV. So hätte der Verein gerne gesehen, daß das aufwendige Prüfungsverfahren für Kriegsdienstverweigerer abgeschafft worden wäre. Allein dies würde etwa 20 Millionen Mark einsparen. Und eine Kürzung der verlängerten Ersatzdienstzeit auf die üblichen 12 Monate Wehrdienst würde 40 Millionen Mark an allgemeinen Verwaltungskosten sparen, rechnete der KDVler aus.

Die SPD-Fraktion wollte in einer „Kleinen Anfrage“ an den Senat wissen, wie es mit der Zukunft der Bremer Zivis aussieht. 1.108 Zivis sind tätig in Pflegebereichen, mobilen Hilfsdiensten, der individuellen Betreuung von schwerbehinderten Erwachsenen und von Kindern in integrativen Kindergärten sowie Krankentransport und Rettungsdienst. Nach Auskunft des Senats leisten die Zivildienstleistenden eine „durchgängig positive“ Arbeit. Preiswert obendrein: „Die entstehenden Kosten sind im Verhältnis zu den erbrachten Leistungen insgesamt als gering zu bewerten“, heißt es in der Antwort.

Die vier Mark Mehrkosten pro Tag müssen die Träger von Zivildienststellen übernehmen und dann von Krankenkassen oder vom Sozialamt über Pflegesätze zurückholen.

Der Senat ist der Auffassung, „daß Zivildienst mit dem Wehrdienst gleichzusetzten ist. Da die Kosten des Wehrdienstes dem Bund obliegen, sind nach Auffassung des Senates konsequenterweise auch die Kosten des Zivildienstes als Dienst an der Allgemeinheit aus Steuermitteln des Bundes zu finanzieren.“ Dieser Meinung ist die Zentralstelle für Kriegsdienstverweigerer ebenfalls. Der jetzige Kompromiß würde darüberhinaus immer noch die Zivildienstleistenden diskriminieren. „Kriegsdienstverweigerung ist ein Grundrecht, und ein Grundrecht, dem erst nach einer staatlichen Prüfung stattgegeben wird, ist eine Karikatur eines Grundrechts“, sagt Tobiassen. vivA