„PKK-Sympathisanten im Bremer Senat“

■ „Focus“ enthüllt – die eigene Unfähigkeit mit der Rache-Story eines suspendierten Professors

Jetzt ist in Bremen niemand mehr sicher, auf die Fronten des Kurdistan-Konflikts verteilt zu werden. Nachdem der türkische Honorarkonsul Karl Grabbe bereits im Oktober behauptet hatte, der AStA der Universität unterstütze die inzwischen verbotene kurdische PKK mit Worten und mit Geld, trifft dieser Vorwurf nun auch den Rektor der Hochschule, Ronald Mönch. Ganzseitig geißelt die neueste Ausgabe von „Focus“ die Bremer PKK-Connections (vgl. auch S.4). Selbst im Bremer Senat hat das „moderne Nachrichtenmagazin“ aus München „PKK-Sympathisanten“ entdeckt. Und das Schönste an der ganzen Geschichte, die gestern in Bremen ordentlich für Aufregung sorgte: nichts ist wahr.

Hauptkronzeuge für die Focus-Vorwürfe ist Professor Fathi Franzmathes. Aufmerksamen taz-Lesern ist der ehemalige Leiter des Studiengangs für „Angewandte Weltwirtschaftswissenschaften“ an der Bremer Hochschule nicht unbekannt. Im Mai sorgte der in Ägypten geborene und 1962 in Deutschland adoptierte Ökonom für die Schlagzeile „Professor prügelt Kollegen krankenhausreif“. In einem Streit war mit seinem Auto auf den kurdischen Arabisch-Dozenten des Weltwirtschafts-Studienganges, Zaradachet H., losgebraust und hatte ihm bei der anschließenden Prügelei einen Fußknöchel gebrochen. Auch wegen dieses Vorfalls ist Franzmathes seit dem 1. September vom Dienst suspendiert und hat in der Hochschule Hausverbot.

Das allerdings scheint ihn nicht gehindert zu haben, sich gegenüber „Focus“ mit einer Behauptung zu brüsten, die er gegenüber der Hochschule im September vergangenen Jahres schon einmal kleinlaut wieder zurückgezogen hatte. Hochschulrektor Mönch, so Franzmathes Vorwurf, „hat Gelder, die für den Weltwirtschafts-Studiengang bestimmt waren, für die Unterstützung der PKK verwendet“. In einem ausführlichen Rechenschaftsbericht an Wissenschaftssenator Scherf und die Handelskammer hatte Hochschulkanzler Peter-Jürgen Henckel diesen Vorwurf bereits im vergangenen Jahr entkräftet.

Doch dafür hat sich „Focus“ nicht interessiert. Stattdessen tischt Kayhan Özgenc, der in Verden lebende Autor der News-Story, eine weitere Räuberpistole auf. Im Neustädter Lokal des Anfang Dezember nach dem PKK-Verbot gegründeten kurdisch-deutschen Kulturvereins würden „PKK-Kapos regelmäßig ihre frisch rekrutierten Drogendealer schulen“ und das „flächendeckende Schutzgeld-Inkassosystem“ steuern. Dies bestätigten „V-Leute der Kripo“.

Diese V-Leute müssen tatsächlich sehr vertraulich arbeiten. Denn selbst Bremens Polizeipräsident Rolf Lüken behauptet steif und fest: „Ich kenne keinen einzigen konkreten Vorwurf von Schutzgelderpressung oder Drogenhandel im Auftrag der PKK.“ Lediglich Gerüchte und Vermutungen seien immer wieder zu hören, hätten aber noch nie zu „gerichtsverwertbaren Erkenntnissen“ geführt.

Der letzte „Focus“-Zeuge schließlich, der Bremer Kripo-Beamte Peter Voßmeyer, bestreitet, die ihm zugeschriebenen Äußerungen gemacht zu haben. „Die Polizei ist vom Senat daran gehindert worden, ihre Arbeit zu tun“, soll er laut Focus zu der Besetzung des verbotenen „Mesopotamischen Kulturvereins“ gesagt haben. „Das ist kein Zitat von mir“, versicherte er gestern gegenüber der taz. Ihn habe lediglich geärgert, daß die BesetzerInnen ohne Personalienfeststellung hätten abziehen dürfen, nachdem sie sich mit einer Parlamentariergruppe aus SPD, FDP und Grünen auf eine Kompromißlösung verständigt hatten.

Dirk Asendorpf