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: Rohrkrepierer

„10 Jahre RTL – Heiterer Rückblick“, So., 13.30 Uhr, RTL

Olaf zählte wieder auf uns. Der Waisenknabe aus Köln machte den Conférencier für zehn Jahre RTL-Programm. „Rammeln, Töten, Lallen“ – das war gestern. Heute wird aus 10 Jahren RTL eine Nostalgierevue, und die ist so niedlich wie die elektronisch gestylten Hasen im Oster-Trailer. Animation ist alles, weil „wir immer emotional wirken wollen“, erklärt Art Director Manfred Becker und setzt im Jubiläumsspot das RTL- Fernsehbild sinnigerweise auf eine Trägerrakete.

„Durchstarten ins Jahr 2000“ ist also das neuste Motto in der Kölner Mission Control. Doch vor dem endgültigen Abheben in den Quotenorbit gilt es, die alten Systeme noch einmal zu checken. In kleinen Sketch-Einheiten flimmerten ausgewählte RTL- „Trendsetter“ im Clip-Tempo noch einmal vorüber. Einige, wie das „Cin-Cin-Ballett“, sogar zweimal.

Anderes fehlte. Regionales Kulturgut, wie „Laß jucken, Kumpel“, wurde verschwiegen, aber auch „M – das Männermagazin“ oder „Rambo“. Solch unverhüllte Triebe passen nicht mehr zur RTL-Mission 2000. Konsequent wurde allein der neue Unterhaltungstrend für die kommenden zehn Jahre visualisert: Bilderhäppchen im Slapstick-Stil, Verkleidungskünstler überall: Hella von Sinnen als Bratsche; Metti Krings mit Holzschuhen auf einem holländischen Markt (mal wieder ein Show- Konzept kaufend?) und die lila Kuh für die kleine Werbe-Pause zwischendurch. Da gurrt die halbfette Margarinelady: „Komm rüber – ich klär' dich auf.“

Weil das Programm ja auch bloß ein Mensch ist, war den Versprechern ein Extra-Clip („Schwampf“) gewidmet. Dafür schrumpften acht Jahre Reise- Quiz zu jenen paar Sekunden, in denen die Nouvelle Cuisine mit Würmern getestet wurde. „Einfach tierisch“ – ein Dackel mit Pfeife und Brille willybrandtelt.

Verständlich, daß der als „heiter“ annoncierte RTL-Rückblick die eigenen Jugendsünden sorgsam umschiffte. Und doch hätten wir zu gerne noch einmal den Live-Mord an einem US-Polizisten gesehen („Augenzeugen- Video“) oder das, was Kracht seinerzeit als „persönlichen Blick in den Taifun“ anpries.

Aber solche und andere Kabinettstückchen des Privatfernsehens sind wohl längst in den unendlichen Weiten des Archiv- Raums verschwunden. Dieter Deul