Ostpudding

■ Manne streift wieder die Robe über: "Liebling Kreuzberg", 20.15 Uhr, ARD

Es sollte eigentlich für immer sein: Nach drei Staffeln hatte Anwalt Liebling die Nase voll, hatte alles aufgegeben, die Mitarbeiter entlassen und die Büroräume in Kreuzberg gekündigt, um mit einer schönen, jungen und reichen Frau zu leben und am Swimmingpool glücklich zu werden. So endete die 27. Folge von „Liebling Kreuzberg“ im April 1990, und alles deutete für den Wackelpudding-Fan Krug auf ein dauerhaft besseres Leben hin.

Jetzt aber taucht „Liebling Kreuzberg“ doch wieder ein in das TV-Berufsleben – vorerst für 13 weitere Folgen und angeblich vorrangig durch eine private Notlage bedrängt. Wenn der Titel der ersten Folge „Einmal Anwalt, immer Anwalt“ auch serielle Kontinuität verspricht, hat sich doch einiges verändert: Ulrich Plenzdorf hat Jurek Beckers Erbe angetreten, nicht völlig ohne Bedingungen. Die neue „Handschrift“ ist denn auch unverkennbar. Unübersehbar ist vor allem der neue Ost-Bezug, den sich Plenzdorf vertraglich ausbedungen hatte.

Die neue Kanzlei des Anwalts Liebling hat der Autor ins Ostberliner Scheunenviertel verlegt, die neu hinzukommenden „Ost-Rollen“ sind mit Schauspielern aus den neuen Bundesländern besetzt. Auch einige der juristischen Fälle sind dort beheimatet. Da geht es dann um Vereinigungsfragen wie Mietpreisverhandlungen (1.500 DM plus Kohle schleppen) oder um das Problem, ob eine schnelle Nummer mit einer Nutte im Trabi eigentlich machbar ist. Aber auch die derzeit drängende Ausländerthematik wird – wie neuerdings so oft – telegen verbraten. Um die deutsch-deutsche Frage schlußendlich auf den Punkt zu bringen, wurde Liebling Kreuzberg eine gleichrangige weibliche Gegenspielerin zur Seite gestellt – die Ostberliner Anwältin Isenthal (Jenny Gröllmann). Da sollen Klischees aufeinanderprallen – und sie tun es auch.

Statt der gewohnten Form von abgeschlossenen Folgen entstehen in der neuen Staffel neuerdings Handlungsstränge und Verknüpfungen, die nur der Dauerzuschauer nachvollziehen kann. Durchgehende Charaktere wurden angelegt, teilweise etwas penetrant. Wenigstens der berlinische Humor ist der Erfolgsserie geblieben, trocken eben. Und weder die perfekte Dramaturgie noch die professionelle Regie haben durch den Standbeinwechsel ernstlich gelitten. Ob Lieblings beruflicher Wiedereinstieg von Dauer sein wird, ist allerdings noch unklar. In dem Haus, das die museale Kanzlei beherbergt, wird der Schwamm entdeckt, und die Sanierungsarbeiten bedrohen vorläufig den Weiterbestand der Bürogemeinschaft.

Ob diese Auflösungstendenzen nur vorläufiger Art bleiben werden, entscheiden letztlich wohl die Einschaltquoten. Die letzte Folge am 29. März trägt jedenfalls den Titel: „Weiche Landung“! Caro Wenzel