Ein Bischof will verhüten lassen

■ Bischof Kamphaus kritisiert die katholische Empfängnismoral

Berlin (taz) – Hat die katholische Kirche einen neuen Rebellen? Einen, der es wagt, gegen Klerus und Papismus zu wettern und Lehrmeinungen anzuzweifeln? Seitdem sich der Limburger Bischof Franz Kamphaus in der Frankfurter Allegemeinen Sonntagszeitung zur Empfängnisverhütung äußerte, hoffen die Medien auf einen zweiten Drewermann. „Das Wachsen der Weltbevölkerung“, meinte Kamphaus, „stellt uns vor neue Herausforderungen, ...denen wir mit dem, was wir bisher gesagt haben, nicht gerecht werden.“ Und: „Wir können nicht in der armen Bevölkerung für Familienplanung werben, wenn wir nicht gangbare Wege aufzeigen.“

Das ist sicher nicht im Sinne des „Katholischen Weltkatechismus“. Dieses frischaufgelegte Werk aus dem Hause Woytila II. verkündet: „Hingegen ist jede Handlung verwerflich, die entweder in Voraussicht oder während des Vollzugs des ehelichen Aktes oder im Anschluß an ihn darauf abstellt, die Fortpflanzung zu verhindern.“ Nur die „zeitweilige Enthaltsamkeit“ und die auf „Selbstbeobachtung und der Wahl der unfruchtbaren Perioden der Frau beruhenden“ Methoden der Empfängnisregelung entsprächen den „objektiven Kriterien der Moral“. Doch genau diese Methode, stellt Kamphaus fest, mache vielen Katholiken Schwierigkeiten und sei „nicht hilfreich für eine gelungene Partnerschaft“.

Ob jetzt wohl Erzbischof und -reaktionär Dyba in Fulda für Kamphaus die Glocken läutet? Wohl kaum. Ausrutscher sind bei diesem Amtsbruder nichts Neues. Seit Jahren predigt Kamphaus – eloquent und charismatisch – Verzicht und das Gebot der Armut; er schielt nicht nach Rom, fraternisiert mit Befreiungstheologen und kritisiert die Länder der Ersten Welt. Statt sich zu den obersten Klerikern in die schwarze Dienstlimousine zu setzen, kurvt er mit Fahrrad und Baskenmütze durch Limburg. Der einzige Bischof, der regelmäßig zu Kirchentagen eingeladen wird, gilt bei der Basis als glaubwürdig und integer.

Und er ist nicht dumm. Deshalb läuft er den römischen Inquisitoren nicht ins offene Messer. Zwar verlangt er, von der kategorischen Ablehnung der Empfängnisverhütung abzurücken, propagiert aber mitnichten die Pille. Statt dessen bekennt er brav: „Ich bin davon überzeugt, daß der Weg der natürlichen Familienplanung der richtige ist.“ In der deutschen katholischen Kirche rennt er mit seiner Kritik an der römischen Familienplanung sowieso offene Türen ein. Wenig bekannt, aber immer noch gültig reagierten die deutschen Bischöfe 1968 auf die römische Enzyklika „Humanae vitae“ mit ihrer „Königsteiner Erklärung“. Darin heißt es, die Lehre der „Enzyklika“ sei nicht unfehlbar, die Seelsorger würden „die verantwortungsbewußte Gewissensentscheidung der Gläubigen achten“.

Sehr viel anderes sagt Kamphaus heute auch nicht. Doch kein richtiger Rebell – schade eigentlich. bam/bat