Schwarzfahrer in Bahn-Uniform

■ Untreue-Prozeß: Schaffner verkaufte Tickets auf eigene Rechnung

„Dummheit, reine Dummheit“ sagte Klaus-Dieter E., als der Richter ihn fragte, warum er denn seine Schulden nicht durch ehrliche Arbeit, sondern durch unterschlagenes Geld hatte begleichen wollen. Weder Richter Kornblum noch Oberamtsanwalt Schmidt widersprachen in diesem Punkt dem Angeklagten. Denn Klaus-Dieter E. hatte als Bundesbahnschaffner Fahrkarten verkauft, ohne das Geld bei der Bahn abzuliefern und war dann einfach nicht mehr zum Dienst erschienen. Und es kam, wie es kommen mußte: Anklage wegen Untreue, Unterschlagung und Urkundenfälschung vor dem Amtsgericht.

Klaus-Dieter E. gesteht bei der Verhandlung ohne Zögern seine Taten: Zwischen April und Juni 1991 habe er „ein bißchen finanzielle Probleme“ gehabt – 12.000 Mark Schulden türmten sich bei ihm aus alten Rechnungen und wegen Einkäufen bei Versandhäusern. Und da habe er eben in die Bahnkasse gegriffen und Fahrkartenabrechnungen nicht bei der Dienststelle abgegeben, sondern eingesteckt. Mit IC- und ICE-Zuschlägen insgesamt 2847 Mark, hat die Bundesbahn akribisch aufgelistet. „Das wollte ich wieder ausgleichen“, meint E., der sogar zu Verwandten ins Saarland fuhr, um sich Geld zu leihen. Für diese Fahrt nach Dillingen allerdings stellte er sich selbst eine kostenlose Fahrkarte aus – auch das kam ins Sündenregister, obwohl E. als Bundesbahner eigentlich Anspruch auf Freifahrten hatte. Aber dafür hätte er sich bei der Dienstleitung ein Freifahrtenbuch holen müssen, „das hatte ich da noch nicht gemacht.“

Die Veruntreuung der Fahrkarteneinnahmen fiel dem Schaffner nicht schwer: seine Kartenblöcke nahm er – wie seine KollgInnen, versichert er – mit sich nach Hause. Anhand der numerierten Kartenblöcke ließ sich dann hinterher auch leicht nachweisen, welche Fahrkarten und Zuschläge Klaus- Dieter E. für die eigene Tasche verkaufte. Im Bekanntenkreis agierte er auch als Bundesbahnschalter und verkaufte Fahrkarten. Das sei offiziell von der Bahn erlaubt, es gebe sogar fünf Prozent Provision dafür, meinte der Angeklagte. Da wunderte sich Richter Kornblum doch ein wenig über die Werbemethoden der Bahn: „Das ist ja wie im Wilden Westen“. Die Vorschriften für die BundesbahnerInnen seien ja „so umfangreich, da blickt keiner mehr durch“, meinte Klaus-Dieter E. zu seiner Entschuldigung.

Im Juni 1991 war E. dann „einfach abgehauen“ und nicht mehr zum Dienst erschienen. Mit sich nahm er seine Arbeitswerkzeuge wie Knipszange, Schaffnertasche und Uniformjacke – “insgesamt 504 Mark wert“, hatte die Bahn zu Protokoll gegeben. Die Schaffnerutensilien bekam die Deutsche Bundesbahn erst durch eine Haussuchung bei E. im folgenden November wieder und vermerkte „einen Schaden von 47 Mark“.

Den Vorwurf der Urkundenfälschung ließen Amtsanwalt und Richter fallen. Zur Verurteilung wegen Untreue und Unterschlagung hatte E. sogar die Wahl: Geld- oder Haftstrafe. Haftstrafe auf Bewährung sei ihm lieber, sagte E., denn bei all seinen Schulden sei eine Geldstrafe schwer abzuzahlen. Das sah auch der Richter ein, brummte ihm aber trotzdem 100 Tagessätze zu 25 Mark auf, weil Geldstrafe „die leichtere Strafe“ sei. Schließlich gebe es ja Ratenzahlung und gemeinnützige Arbeiten, mit denen man die Strafe verringern könne. Bernhard Pötter