Tacheles soll dahin, wo der Pfeffer wächst

■ Oberfinanzdirektion will Kulturzentrum in den Pfefferberg verbannen / Tacheles-Künstler wollen auf keinen Fall weg

Die Zukunft des Tacheles an der Oranienburger Straße ist ungewiß. Grund ist der Vorschlag der Oberfinanzdirektion (OFD) an die Berliner Finanzverwaltung, das alternative Kulturzentrum zu den KollegInnen in den Pfefferberg im Bezirk Prenzlauer Berg zu verbannen. Im Februar läuft der Pachtvertrag für das Kulturzentrum Pfefferberg in der Schönhauser Allee aus. Das Grundstück gehört jeweils zur Hälfte dem Bund und dem Land Berlin. Die in Berlin ansässige Oberfinanzdirektion, die die Interessen des Bundes vertritt, möchte ihren Anteil nach den Worten ihres Pressereferenten Helmut John „verbilligt an das Land Berlin abgeben“. Als Gegenleistung möchte sie, daß das Land Berlin die Oberfinanzdirektion ermächtigt, das Tacheles-Grundstück in der Oranienburger Straße zu verkaufen, das zum größten Teil dem Bund gehört.

Nach einer solchen Übereinkunft wäre die OFD alleinige Eigentümerin des Grundstücks und somit einzige Vertragspartnerin mit der schwedischen Investorengruppe Skanska. Dem Bund winken beim Verkauf der 39.000 Quadratmeter großen Fläche an der Oranienburger Straße/Ecke Friedrichstraße an den Konzern Millionenbeträge.

Mit dem Vorschlag an die Berliner Finanzverwaltung möchte die OFD „das Land Berlin dazu drängen, zu sagen, wie's weitergehen soll“, sagte John. Der Bund sei durch das Tacheles in seinem Bauvorhaben blockiert, obwohl die rechtlichen Voraussetzungen geklärt seien. Jetzt seien sie noch bereit zu bauen, meinte John im Hinblick auf die Investoren. „Wir nehmen aber nicht hin, daß eine Verwertung des Geländes unmöglich gemacht wird und dem Bund finanzieller Schaden entsteht.“

Ursprünglich war geplant, daß die schwedische Investorengruppe Skanska das gesamte Grundstück aufkauft, das Tacheles saniert und an den Kunstverein vermietet. Dies scheiterte aber am Widerstand der Künstler, die durch die Mietforderungen ihr schleichendes Ende vorprogrammiert sahen.

Umziehen möchten die Nutzer des Tacheles auf keinen Fall. Für Tacheles-Sprecherin Juliette Güthlein ist das künstlerische Wirken im Tacheles untrennbar mit dem Gebäude verbunden. Im Falle eines Umzugs müßten sie „alle Steine abtragen und woanders wieder aufbauen“. Seit 1992 gebe es außerdem einen Beschluß des Kulturausschusses des Abgeordnetenhauses, den Kulturstandort Tacheles zu „finanziell tragbaren Bedingungen“ zu sichern.

Neben dem Kulturausschuß hatte auch der Koordinationsausschuß für innerstädtische Investitionen (KOAI) beschlossen, daß das Tacheles in anstehende Bauvorhaben miteinbezogen werden müsse. Nach Johns Ansicht ist dieser Beschluß aber „nichts Sakrosantes“. Er sei schon öfter relativiert worden, weil es Probleme mit der Finanzierung des Konzeptes gebe.

Weder das Tacheles noch die Betreiber des Pfefferbergs sind von dem Antrag der Berliner Oberfinanzdirektion offiziell in Kenntnis gesetzt worden. Pfefferberg-Sprecher Peter Görbing sagte auf Anfrage der taz, eine endgültige Entscheidung über die Nutzung des Gebäudes werde wohl Ende Februar in der Senatsverwaltung für Wirtschaft und Technik fallen, wo die Bewerbungen eingehen. „Wir bemühen uns aber um eine Verlängerung des Vertrages.“ Martin Hörnle