■ Kommentar
: Radikal verjüngen

Wäre das neue Team im Altonaer Theater, das sich gerade im Stellungskrieg mit Intendant Hans Fitze befindet (siehe oben), eine Crew mit auch nur moderat zeitgemäßeren Konzepten, und gäbe es das Damoklesschwert der kommenden Haushaltskürzungen nicht, die Sachlage wäre klar: Für einen hausinternen Genera-tionswechsel wäre es höchste Eisenbahn. Leider ist dem nicht so. Auch der gestern vorgestellt neue Chefdramaturg Buchholz-Brenzis sowie der dazugehörige Spielplan lassen nicht vermuten, daß das künstlerisch biedere Theater zur Jahrtausendwende seine Lebensberechtigung beweist.

Auf der anderen Seite der Stadt aber, in Winterhude, gibt es ein Theater, daß trotz widrigster Bedingungen ein hochklassiges, innovatives und erfolgreiches Theater auf die Beine gestellt hat und dennoch mangels geeignetem Theaterraum wahrscheinlich bald eingeht. Das Jugendtheater auf Kampnagel (JAK), eine der wichtigsten Bühnen der Stadt, wäre, ganz ohne Häme gesprochen, der legetime Erbe für das in verkalkten Strukturen erstarrte Privattheater.

Gerade in Zeiten existentieller Sparzwänge muß eine Stadt sich überlegen, welche Kulturinstitutionen sie wirklich braucht. Hier ist der Mut zu konzeptionellen Schnitten gefragt und der jetzige Zeitpunkt (personelle Dauerkrise, künstlerische Perspektivlosigkeit im A.T.) wäre der genau richtige, das Bekenntnis der Kulturbehörde für das JAK in die Tat umzusetzen. Denn für die pensionierte Klientel findet sich wahrlich genug kulturelles Angebot in der Stadt. Das einzige Hamburger Jugendtheater, zudem eins, um das uns die ganze Republik beneidet, vor diesem Hintergrund sterben zu lassen, erscheint da wie der blanke Hohn.

Da es sich hierbei auch nicht um eine Theaterschließung handeln würde, sondern um eine radikale Verjüngungskur, könnte die Senatorin Christina Weiss hier endlich ihren gestalterischen Willen unter Beweis stellen, ohne vor den SPD-Kanonaden der Arbeitsplatzargumente in Deckung gehen zu müssen. Der kulturellen Landschaft Hamburgs wäre mit einer solchen Entscheidung ein großer Dienst erwiesen.

Till Briegleb