Über das Schlichte im Leben

■ Kino 46: „Samba Traoré“ von Idrissa Ouédraogo/ Burkina Faso

„So ist das Leben“ - mehr als einmal kommt er vor, dieser Satz, so oft schon dahingesagt und manchmal der einzig noch mögliche. So ist das Leben in dem kleinen afrikanischen Dorf weit von der Stadt, ja und so ist es, wenn es uns nicht losläßt und vielleicht gar ein- und überholt. „Ich spielte und verlor“, meint Salif trocken. Ist so das Leben?

Es geht um noch viel mehr in diesem Film: weil alles so einfach ist. Fangen wir also bei der Geschichte an. Samba Traoré erzählt von Samba Traoré, einem Mann aus einem Dorf in Burkina Faso, der in der Stadt eine Tankstelle überfällt und dabei viel Geld erbeutet. Sein Komplize stirbt - Samba flieht in seinen Heimatort vor den Gendar- men und dem eigenen Traumata. Samba bringt viel Geld mit, begegnet Saratou, die beiden heiraten, und alles könnte sich zum Guten wenden. Wenn da nicht das Leben wäre.

Glück und Unglück, Liebe, Zufall, Schuld. Solche Stories liegen auf der Straße, und fast mutet Samba Traoré zu einfach an, wenn er nicht durch seine Einfachheit bestechen würde. Regisseur Idrissa Ouédraogo verweigert sich allen Ausschmückungen, Abschweifungen und Ablenkungen. Sehr schnell ist klar, daß Samba sich quälen wird, weil er Unrecht getan hat. Und die Verhaltensmuster und Charaktere der Dorfgemeinschaft brauchen erst recht nicht enträtselt zu werden: Da sind die sich sorgenden Eltern, die mißtrauischen Nachbarn und der zurückgewiesene Liebhaber, der last not least den Dieb verrät. Das Böse in Sambas Haus zerstört der Vater mit der Fackel.

Nichts Aufregendes passiert also, selbst die Kamera sorgt nicht für Aufruhr. Im Gegenteil, ruhig wandern wir durch weites Feld, man sieht die Hitze und die Trockenheit. Und oft ersetzt ein Zirpen die sowieso schon kargen Dialoge. Auch Sambas Leid ist schließlich still.

Moumouni Compaoré, im Film Saratous kleiner Sohn Ali, hatte vor den Dreharbeiten keine Ahnung davon gehabt, was Kino ist und noch nie im Leben einen Film gesehen. Vielleicht ist es ja das versteckte Staunen der DarstellerInnen (zum Großteil Nichtprofessionelle), das dieser Geschichte soviel Wahrheit gibt. Oder der Wagemut des Regisseurs, der mit einem unfertigen Drehbuch begann und auf Spontaneität gesetzt hatte.

Letztes Jahr bekam Samba Traoré bei den Berliner Filmfestspielen den Silbernen Bär. Ein Film, der uns entführt zu den schlichten Weisheiten. Am Ende springt Ali dem im Gendarmenauto weggebrachten Samba hinterher. Es bleibt nur ein Nachschauen. Ein letztes Mal: das Leben.

Silvia Plahl

Ab heute bis 11.1., Kino 46