Benzin ist billiger als 1950

■ Inflationsbereinigt wurde vor allem das Bahnfahren teurer

Bremen (taz) – Pünktlich zum neuen Jahr und zur Erhöhung der Mineralölsteuer läuft die deutsche Autolobby Sturm gegen die „entschiedene Überdrehung der Steuerschraube“. Angesichts des Aufschlags von 16 Pfennig für den Liter Benzin und 7 Pfennig für Diesel sieht die ADAC motorwelt den armen Benzinschlucker bereits mit der Zapfpistole auf der Brust: „Der Fiskus zieht die Daumenschrauben bis zur Schmerzgrenze an. Die Belastungen für die Autofahrer nehmen kein Ende.“

Das ist jedoch nicht einmal die halbe Wahrheit. Der Bremer Umweltsenator Ralf Fücks (Bündnis 90/ Die Grünen) machte jetzt folgende Rechnung auf: „Die Gehälter sind von 1980 bis 1992 in den alten Bundesländern um 53 Prozent gestiegen, die Benzinpreise hingegen nur um 15 Prozent, der Dieselkraftstoff wurde sogar um zwei Prozent billiger. Demgegenüber stieg der Normaltarif der Bundesbahn um 59 Prozent.“

Gestützt werden Fücks' Berechnungen durch eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) aus dem Jahr 1992. Während die Preisentwicklung für einen Liter Normalbenzin seit 1950 (56 Pfennig) nominal auf 1,28 (1991) geklettert ist und damit dem „Alles wird teurer“-Motto zu entsprechen scheint, sieht die Entwicklung bei näherer Betrachtung ganz anders aus: Inflationsbereinigt und gemessen an der gesamtwirtschaftlichen Preisveränderungsrate ist der Benzinpreis seit 1950 von 2,12 Mark auf 1,12 im Jahr 1970 gesunken. „In der zweiten Hälfte der achtziger Jahre erreichten die realen Kraftstoffpreise sogar historische Tiefstwerte“, bilanziert das DIW. Nach einem Rückgang auf real 87 Pfennig für den Liter Benzin im Jahr 1988 stieg der Preis bis 1991 wieder auf 1,08 Mark. Das DIW stellt darum fest: „Die auf ein einheitliches Preisniveau bezogenen Preise für Benzin und Diesel in den siebziger und achtziger Jahren lagen überwiegend unter den entsprechenden Werten vor 1970. Bernhard Pötter