Unterm Strich

Es gibt ja bekanntlich zwei Methoden, einen toten Dichter noch toter zu machen: die historisch-kritische Gesamtausgabe fürs Klassikerregal oder die Gründung einer Dichtergesellschaft. Im vollen Bewußtsein dieser Problematik hat sich im norddeutschen Vechta eine „Rolf-Dieter-Brinkmann-Gesellschaft e.V.“ gegründet. In Vechta deshalb, weil er da herkam, der „schreibende Brandstifter“, „El Topo mit blutendem Herzen“ und was der Labels mehr sind, die mehr oder minder wohlmeinende Kollegen für Brinkmann erfunden haben. Die Gesellschaft, die unter Federführung des Bibliothekars der dortigen UB, Dr. Gunter Geduldig (kein Fake!) ihrer Aufgabe nachgeht, hat sich laut Satzung der „Pflege und Förderung des Werkes und Andenkens von Rolf Dieter Brinkmann sowie von Literatur und anderen Künsten, die mit Werk und Wirkung von Rolf Dieter Brinkmann verbunden sind“ verschrieben, lädt ab und zu auch Gäste zu Vorträgen ein (Kurt Drawert, der Leipzig ähnlich barock beschrieben hat wie Brinkmann Rom und Köln, war schon da) und hat zur Zeit eine kleine Ausstellung am Laufen, die sich dem Brinkmann der Vechtaer Jahre widmet (mit Klassenbucheintragungen, Jugendfotos, Poesiealben und anderen Collector's Items). Kontakt für Interessierte: R.-D.-B.-Gesellschaft, 49364 Vechta, Driverstraße 24, Tel. 04441/15360.

Mehr als 100 Nachlässe und Einzelhandschriften von über 3.000 Persönlichkeiten lagern übrigens im Goethe- und Schiller-Archiv der Stiftung Weimarer Klassik – hätten Sie's gewußt? Wen interessiert da noch groß, daß Jochen Golz neuer Direktor der Stiftung wurde und den Professer Gerhard Schmid in dieser Funktion ablöst? Doch nicht Euch, dem Leben thätig zugewandte Leser, bloß schwermüthige Forschernaturen, „brustkrank vom Staub der Archive“ (so Heiner Müller, der am Sontag 65 wird, über Lessing).