Hartes Männerurteil

■ Frau wegen Totschlags verurteilt

Obwohl Hannelore P. nach fünf Monaten Untersuchungshaft gestern den Knast zunächst verlassen konnte – der Haftbefehl wurde aufgehoben – droht der 57jährigen noch ein längerer Haftaufenthalt. Grund: Die Kammer 21 des Landgerichts Hamburg konnte sich nicht durchringen, ein Zeichen gegen Männergewalt zu setzen und ein mildes Urteil zu sprechen. Stattdessen verurteilte es Hannelore P. wegen Totschlags zu zweieinhalb Jahren Gefängnis ohne Bewährung.

Die Frau hatte am 30. August vorigen Jahres im Alkoholrausch ihren Ehemannn erstochen, nachdem er sie erneut geschlagen hatte. In seiner Urteilsverkündung unterstellte Richter Hans-Ulrich Schroeder der Frau zwar „keinen direkten Vorsatz“, sie sei sich aber „der Gefährlichkeit ihres Handelns bewußt“ gewesen.

Wie gestern berichtet, war Hannelore P. an jenem 30. August abermals von ihrem Ehemann Erwin geschlagen, getreten und zu Boden geworfen worden. Damit er von ihr ablasse, hatte sie ihm einen Tritt in die Hoden versetzt. Dann war sie in die Küche gelaufen. Schroeder: „Da sah sie den Messerblock und faßte den verhängnisvollen Entschluß, sich zu rächen.“ Sie sei zurück ins Wohnzimmer gegangen und habe zugestochen. Ihr Mann sei noch aufgesprungen, zu einer Nachbarin gelaufen, wo er zusammenbrach.

Strafverschärfend bewertete das Gericht, daß Hannelore P. in ihrem Rausch bei der Nachbarin geklopft und gerufen habe: „Erwin komm raus, ich stech noch einmal zu.“ Erst dann sei bei der Angeklagten Reue aufgekommen.

Das Gericht gestand zwar ein, daß Hannelore P. jahrelang von ihrem Ehemann gedemütigt, beleidigt und geschlagen worden ist, dennoch, so Schroeder, habe keine akute Gefahrensituation vorgelegen.

Obwohl durchaus eine Bewährungsstrafe in Betracht gekommen wäre, entschloß sich die Kammer für die harte Tour. Schroeder: „Es ist immerhin ein Mensch tot - tot für immer.“

Bis zur Revision kann Hannelore P. in Freiheit leben. Kai von Appen