Fluglotsen privatisiert

■ Mehr Geld – mehr Motivation

Vor etwas mehr als 20 Jahren beherrschten für einen langen Zeitraum die deutschen Fluglotsen die Schlagzeilen. Mit dem bisher längsten Bummelstreik – er dauerte vom 31. Mai bis zum 23. November 1973 – forderten die Lotsen, allesamt Beamte und nicht streikberechtigt, eine bessere Besoldung, Erschwerniszulagen und die Herabsetzung des Pensionsalters von 65 auf 52 Jahre. Fast 48.000 Flüge fielen damals aus, und der Bund strengte zahlreiche Disziplinarverfahren an. Als Grund für ihre Forderungen gaben die Lotsen großen Streß und Arbeitsüberlastung an.

Ihre Ziele haben die heute rund 5 000 Flugsicherungs-Mitarbeiter zum Teil erst jetzt endgültig erreicht. Denn am 31. Dezember 1993 endete die einjährige Strukturreform der Flugsicherung. Die ehemalige Bundesanstalt für Flugsicherung ist privatisiert und nennt sich nun Deutsche Flugsicherung GmbH (DFS). Die Lotsen sind keine Beamten mehr, sondern Angestellte. Sie erhalten eine bessere und leistungsgerechtere Bezahlung. Gerade dies hat bei den Lotsen nach Auffassung des Bundesvorsitzenden des Verbandes Deutscher Flugleiter (VDF), Klaus Formel, einen sehr großen Motivationsschub bewirkt. Der sei angesichts des immer stärker werdenden Luftverkehrs auch notwendig gewesen.

Das Fazit, das Formel nach einem Jahr DFS zieht, ist weitgehend positiv. Wichtig war es nach seinen Worten auch, die Trennung zwischen ziviler und militärischer Flugsicherung aufzuheben. Die Überwachung des Luftraums liege nun in einer Hand, was die Arbeit erheblich vereinfache. Ohne große Probleme sei auch die fachliche Unterstellung der Militärs unter die DFS verlaufen, berichtet der VDF- Chef. „Bei denen haben wir wohl offene Türen eingerannt.“ Nicht ohne Stolz weist er darauf hin, daß es 1993 nicht eine einzige durch einen Lotsenfehler verursachte kritische Situation in der Luft gegeben habe.

Nutznießer der neuen Struktur mit erheblich beschleunigten Entscheidungsprozessen sind natürlich auch die Kunden der DFS, die Fluggesellschaften und deren Gäste. In Frankfurt beispielsweise habe die Lufthansa eine Pünktlichkeitsrate von 95 Prozent erreicht, betont Formel. Weniger Verspätungen reduzierten die Kosten der Airlines. Dies habe so ganz nebenbei zu einem deutlich entspannteren Umgang zwischen Lotsen und Fluggesellschaften geführt.

Als ein weiterer Pluspunkt hat sich die Dezentralisierung der Flugsicherung erwiesen. Die Aufteilung in fünf Regionalstellen – Nord (Bremen), Berlin, West (Düsseldorf), Mitte (Frankfurt) und Süd (München) – hat laut Formel zu mehr Autonomie und zu größerer Eigenverantwortlichkeit geführt. Auch das habe die Motivation gestärkt. Sozusagen hautnah spürt Klaus Formel das an seinem Arbeitsplatz in Bremen. Dort gibt es inzwischen 700 sichere Arbeitsplätze. Die Regionalstelle Nord nimmt eine besondere Stellung in der DFS ein. Denn von dort werden beispielsweise die Überwachungsflüge zur Feststellung von Ölverschmutzern in der Nordsee geleitet.

Unter dem Strich sieht Formel eine große Zufriedenheit bei den DFS-Mitarbeitern. dpa