Getötet bei „ganz normaler“ Schlägerei?

■ Zwei Jahre nach Mete Eksis Tod beginnt Prozeß gegen drei deutsche Brüder / Staatsanwalt: Kein rassistischer Hintergrund

Über zwei Jahre nach dem Tod des 19jährigen türkischen Berliners Mete Eksi beginnt jetzt das Strafverfahren gegen die mutmaßlichen Täter. Ab kommenden Dienstag müssen sich die drei deutschen Brüder Michael, Martin und Markus Sch. im Alter von 18 bis 25 Jahren vor einer Großen Jugendstrafkammer wegen Körperverletzung mit Todesfolge beziehungsweise Beteiligung an einer Schlägerei verantworten.

Mete Eksi war im November 1991 an den Folgen einer schweren Kopfverletzung gestorben, die ihm Michael Sch. mit einem Baseballschläger zugefügt hatte. Angehörige und Freunde sowie der türkische Elternverein waren seinerzeit davon überzeugt, daß der junge Mann Opfer eines rassistischen Übergriffs geworden ist. Die Staatsanwaltschaft ist jedoch anderer Auffassung. „Es war eine Schlägerei ohne rassistische Beweggründe oder Tendenzen“, faßte der Angeklagevertreter Hennig Spinti gestern gegenüber der taz das bisherige Ergebnis der Ermittlungen zusammen.

Die Tat geschah in der Nacht zum 27. Oktober 1991 auf dem Bürgersteig des Adenauerplatzes vor dem Cafe „Graffiti“. Mete Eksi war an jenem Abend mit vier türkischen Freunden unterwegs. Vor dem „Graffiti“ begegneten sie den deutschen Brüdern Sch. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft kam es zwischen den beiden Gruppen aufgrund „gegenseitiger“ verbaler Provokationen zu einem Streit und danach zu einer Schlägerei.

Im Verlauf der Prügelei habe einer der Türken einen Baseballschläger aus seinem Auto geholt und habe auf Michael Sch. einschlagen wollen. Dieser habe ihm den Stock jedoch entrissen, zunächst ziellos herumgeschwenkt und dann auf den Hinterkopf des abgewandt stehenden Mete Eksi geschlagen.

Nach drei Wochen im Koma starb er am 13. November. In der Nacht nach seinem Tod gedachten viele Menschen seiner am Tatort Adenauerplatz mit einer Mahnwache. Der Ort war mit Kerzen, Blumen, einem Foto des Verstorbenen und Transparenten geschmückt: „Alle Menschen“ seien aufgefordert, sich öffentlich gegen Gewalt, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit zu stellen. Tage später fand für Mete Eksi ein Trauermarsch statt, bei dem Tausende auf die Straße gingen.

Unbemerkt von der Öffentlichkeit wurde gegen die vier türkischen Jugendlichen bereits im vergangenen November vor einem Jugendschöffengericht verhandelt. Der Prozeß endete mit erzieherischen Maßnahmen. Der Richter war der Meinung, die vier Angeklagten seien durch den Tod ihres Freundes genug gestraft, und machte in dem Prozeß das Hochschaukeln von Gewalt unter Jugendlichen zum Thema.

Die Frage, welche Gruppe am Adenauerplatz angefangen hat, wurde dabei nicht geklärt, weil auf eine Zeugenvernehmung der drei Deutschen verzichtet wurde. Nach Angaben von Rechtsanwalt Matthias Zieger haben sich die Türken vor dem Jugendschöffengericht jedoch darauf berufen, die Provokation sei von den Deutschen ausgegangen. Den Baseballschläger hätten sie aus Angst vor rassistischen Übergriffen in ihrem Auto gehabt und diesen nur zur Verteidigung, nicht jedoch zum Angriff herausgeholt.

Demgegenüber werden die deutschen Brüder nach Angaben von Anwalt Hubert Dreyling am Dienstag vorbringen, „die Türken haben angefangen“. Plutonia Plarre