Alles künstlich, alles Bio

■ Die Piefke Saga, vierter und letzter Teil: „Die Erfüllung“

In die Zukunft visioniert der letzte Teil der Piefke Saga von Werner Masten, den das ARD am Mittwoch zur besten Sendezeit ausstrahlte. Die Piefkes, Familie Sattmann aus Berlin, Vater, Mutter, Tochter, Sohn – wohlhabend und nett –, sind dem schönen Land Tirol nach zahlreichen Aufenthalten tief verbunden. Wie und warum, haben die drei vorausgehenden Teile der Piefke Saga gezeigt: ursprüngliches Leben, gute Luft, erhabene Berge und herzliche Menschen!

Nach einigen Jahren der Enthaltung fahren die Sattmanns wieder zu ihrem angestammten Urlaubsort. Im Stau flüchten sie vor zunehmender Gewalt und brennenden Asylantenheimen in deutschen Landen ins heile Tirol. Dort hat man inzwischen biomäßig sein Naturkapital aufpoliert und sanft- touristisch geliftet: Das Auto bleibt in der Tiefgarage vor Ort, wo eine Blasmusik-Kapelle die Neuankömmlinge empfängt. Im Dorf geht es nur mit Kutsche oder U-Bahn weiter. Das Erbe der Väter, die alten Höfe, wird erhalten, indem man es zum Museum erklärt. Die Touristen steckt man in Hotels, die alles bieten: Selbst Vögeln nach dem feucht-rustikalen Folkloreabend ist im Pensionspreis inbegriffen. Eine satte Grinsewelt, und alle, alle machen mit. Denn die TirolerInnen leben ja schließlich vom Tourismus. Und aus Bergbauern, Jodlern und Schuhplattlern wurden Landschaftspfleger oder Touristenunterhalter. Die Herzlichkeit der Bergbauern, die die Sattmanns so lieben, ist einer zombihaften Geschäftigkeit gewichen, dem eiskalten Abzocken. Um die letzten menschlichen Schwächen auszuschließen, wurden die TirolerInnen auf einen Prototyp geklont: dümmlich, derb sinnlich, saufend, jodelnd, vögelnd und geldgierig.

Die Klischierung des Urlaubstrubels, der selber schon Klischee ist, hat es schwer, überzeugend zu wirken. Er kommt schnell überdreht daher: die Satire von den Piefkes balanciert daher hart an der Grenze zur Platitüde. Doch vor dem Hintergrund der sanft-touristischen Geschäftigkeit, die sich auch der Tiroler bemächtigt hat, trifft sie bösartig den verlogenen Kern des Ökomanagements. Mit alles Bio, vom Dorfurlaub bis zum sanften Radurlaub, verkauft die Österreich-Werbung das neue Image des verdrahteten Alpenlandes. „Alles Bio“ wird in der Piefke Saga treffend ausgeleuchtet: Es wird zu „alles künstlich“. Hinter der museal-folkloristischen Kulisse des ländlichen Paradieses steckt die profitable Inszenierung. Die Tirol-Idylle der Sattmanns ist nach den modernsten Regeln des Ökomanagements hergerichtet: überall Verbot – „Kein Feuer machen. Brandgefahr! Das Holz brauchen wir selber“. Und während der Besucher im „Paradies ohne Chaos“ das Ozonloch vergißt, ist der Waldboden längst aus Kunststoff made in Japan, und die Eingeborenen sind geauso unecht wie der Schnee. Die tote Idylle lebt: Sie ist die letzte Konsequenz der Vereinnahmung und Instrumentalisierung des Ökotrends nach den Regeln des Profits.

Die Wilderer, die inzwischen zur Freischärlern geworden sind, wollen das Land befreien, aber die Mafia der Hotelmanager schießt zurück. Denn der sanft-touristische Urlaub zahlt sich aus. Daß die Manager sich schließlich selbst klonen lassen, um ihre gemeine Scheinwelt auszuhalten, ist eine rührende Geste. So rührend wie die bösartige, überdrehte Urlaubsgeschichte zur besten Sendezeit eben streckenweise daherkommt. Edith Kresta