■ Basketball
: Hoch droben im Tempel der Körbe

Wuppertal (taz) – Stell dir vor, es spielt der deutsche Meister – und keiner geht hin. Während bei den männlichen Kollegen in Leverkusen die Tickets begehrt sind wie Essiggurken während der Schwangerschaft, versammelt sich beim teutonischen Frauenbasketball-Primus Barmer TV gemeinhin nur ein kleines Häufchen Familienangehöriger und Unentwegter, um den Rebound- und Korbwurfbemühungen beizuwohnen. Entsprechend familiär geht es auch in der Wuppertaler Uni-Halle zu: Mutter Renate Kehrenberg setzt sich als Managerin höchstselbst an die Kasse, begrüßt die Fans per Handschlag, und die beiden Sprößlinge gehen auf Punktejagd.

Doch nun, nach dem nationalen Titelgewinn und dem Erfolg im Pokal, platzt die Europaliga mitten hinein ins Familienidyll. Zum Spiel gegen den letztjährigen Europacup-Champion und aktuellen Tabellenführer der Champions League Dorna-Godella Valencia kraxelten über 2.000 Zuschauerinnen und Zuschauer keuchend und ächzend den Berg zum Basketball- Tempel hinauf, so daß die Raucherlungen Melodien pfiffen. Solcherlei Mühsal nimmt man im Bergischen Land nur in besonderen Fällen auf sich.

Nach vierzig Minuten Gebrüll und Geschrei, „Diiiehfäähns“-Gekreische und Pöbelei gegen die Pfeifenmänner stiegen sie wieder hinab ins Tal, die Enttäuschung mit einem frischgezapften Bierchen hinunterzuspülen. Artig gekämpft hatte der BTV gegen den überlegenen Favoriten, einen 21:41-Rückstand (18. Minute) auf 54:55 (33.) verkürzt und war letztlich doch an den eigenen Nerven und der mit 31 Punkten überragenden Russin Natalia Zasoulskaya, unlängst zur besten Basketballerin Europas 1993 gekürt, mit 64:73 gescheitert.

Die Wuppertalerinnen nahmen's gelassen, parlierten nach der Schlußsirene fröhlich mit ebenjenem Häufchen treuer Seelen, die sonst so erfolgsver- und gewöhnt sind. Doppelsinnig sieht Trainer Bernd Motte die unglückliche Niederlage: „Einerseits ist es natürlich schade, ich hatte nach unserer Aufholjagd an einen Sieg geglaubt, andererseits kommt es gerade rechtzeitig, daß uns die Grenzen aufgezeigt werden. Es wäre fatal, wenn die Erwartungshaltung eskalieren würde.“

Nun ist der BTV nach den beiden Niederlagen gegen Como und Valencia nach sieben Spieltagen bei der ersten Europaliga-Teilnahme auf den dritten Platz hinter besagte Teams zurückgefallen. Dennoch traut Motte seiner Mannschaft, die sich anschickt, Agon Düsseldorf als erfolgreichstes Frauenbasketball-Team Deutschlands abzulösen, die Qualifikation für das Turnier der „Final Four“ in Poznan zu, immerhin beginnt bereits in der kommenden Woche die Rückrunde mit anschließendem Best- of-three-Play-off.

Für die Wuppertalerinnen, mit Ausnahme der beiden australischen Nationalspielerinnen allesamt Amateurinnen, bedeuten nunmehr rund siebzig Spiele pro Saison eine enorme körperliche Belastung, zumal die BTV-Starting-Five auch dem Nationalkader angehören. „Das sind beinahe NBA-Verhältnisse“, kritisiert Motte, der als Coach der DBB- Auswahl seine Schützlinge 365 Tage im Jahr betreut. „Ich weiß nicht, ob die Mädchen diese Anforderungen durchstehen, auch für mich ist das eine völlig neue Erfahrung. Wir dürfen nur die Meisterschaft nicht aus den Augen verlieren.“Markus Götting