Betr.: Putschversuch in Burundi vom 20. Oktober 1993 und die darauf folgenden Massaker

Der Putschversuch vom 20. Oktober 1993 in Burundi und die darauf folgenden Massaker werden von der Weltöffentlichkeit mit eingespielter Routine verarbeitet; das Echo auf internationale Hilfsappelle ist gering. Dabei war und ist die internationale Entwicklungszusammenarbeit im politischen Apparat Burundis eine überaus starke, wenn nicht gar die „stärkste“ Fraktion – womit sich die Frage nach Mitverantwortung für das Geschehen auch an ihre großen Organisationen stellt. Zweifellos steuert die Weltbank mit ihren Strukturanpassungsprogrammen entscheidend mit, gerade in einem so kleinen Land. Hinter den sich ethnisch artikulierenden Konflikten zwischen Hutus und Tutsis stehen große Bevölkerungsdichte, Ressourcenübernutzung, Ungleichheit, Armut.

Am innerburundischen Geschehen frappiert die für Afrika unübliche Automatik: Wenige Stunden nach Beginn des Putsches waren Gemetzel in der Bevölkerung in Gang. Erklären läßt sich das am ehesten durch eine extrem aufgeladene Symbolik der Putschereignisse oder durch eine effiziente Planung oder beides zusammen.

Die nebenstehenden Augenzeugenberichte von Überlebenden über die Ereignisse nach dem Putschversuch wurden zuerst in der burundischen Wochenzeitung „La Semaine“ gesammelt. Zu Wort kommen Oberschüler im Dorf Kibimba, die von bewaffneten Hutu-Bauern angegriffen wurden und sich nur zum geringen Teil retten konnten.

Es sind Berichte, die eine beängstigende Bereitschaft zum Töten belegen, angesichts dessen „zivilgesellschaftliche“ Normen des Zusammenlebens wenig Gewicht zu haben scheinen. Wenn „Zivilgesellschaft“ eher eine Schimäre denn eine konflitklösende Plattform ist, wenn internationale Instanzen versagen und der Regierung Burundis die Kompetenz abgesprochen wird – wer soll die Lösung des Konflikts in Gang bringen? Und wie könnte sie aussehen?Volker Janssen