Mit uns beginnt Afrika

In diesem Jahr ist Lissabon, Stadt der Gegensätze und immer schon am Rande Europas, europäische Kulturhauptstadt  ■ Von Christian Nink

Seit dem ersten Januar ist Lissabon für ein Jahr europäische Kulturhauptstadt. Lissabon ist noch immer weitgehend europäische terra incognita, und Portugal hält mancher noch immer gerne für einen Teil Spaniens. „Mit uns beginnt Afrika“, hört man hingegen in Lissabon immer noch häufig. Fernando Pessoa, der große portugiesische Dichter und Mitbegründer der literarischen Moderne, sah das Vermächtnis der Portugiesen für die europäische Zivilisation im Universalismus. Er betonte die Fähigkeit seiner Landsleute zur Grenzüberschreitung, zur Integration anderer, auch außereuropäischer Kulturen und Völker.

Kolonialgeschichte und Universalismus

Anfang des 16. Jahrhunderts öffneten portugiesische Karavellen Europa die weite Welt und schufen ein fast alle Erdteile umspannendes Imperium, das erst 1974 als letztes der europäischen Kolonialreiche zerfiel. Zu diesem Zeitpunkt endete auch eine fast fünfzigjährige Diktatur, die das Land bewußt vom Rest des Kontinents abgeschottet hatte. Das europäische Portugal hatte sich lange Jahre auf seine Besitzungen in Afrika, Südamerika und Asien konzentriert, deren Kulturen die Stadt in diesem Jahr in Europa einbringen möchte.

Portugal und insbesondere seine Hauptstadt wollen nun vom europäischen Kulturleben nicht mehr länger übergangen werden. Man fühlt sich außen vor und möchte seine kulturelle Zugehörigkeit sichtbar machen. Die Stadt tut sich schwer mit ihrem Universalismus, der so gar nicht in das noch immer kategorisierende Denken unserer Zeit passen will. Als die Kultusminister der Europäischen Gemeinschaft 1985 im Rahmen des Ministerrates beschlossen, in jährlichem Wechsel den Titel und die Aufgaben einer „Kulturhauptstadt“ zu vergeben, war Portugal noch nicht offizielles Mitglied der Gemeinschaft. Erst 1986 trat es gemeinsam mit Spanien dem Kreis der nun zwölf Staaten bei. Sechs Jahre später war Madrid, was Lissabon in diesem Jahr ist. Doch die Unterschiede zwischen den beiden Städten sind fundamental. Madrid mußte sich 1986 einer breiteren Öffentlichkeit nicht erst vorstellen, sondern konnte sich selbstbewußt als konstant aktiver und bedeutender Teil europäischer Kultur und Geschichte präsentieren: Man trinkt überall spanischen Wein, kennt Paella und Tortillas.

Lissabons Ausgangslage ist eine andere. Portugal kennt nur zwei Grenzen: nördlich und östlich den früheren Dauererzfeind Spanien, südlich und westlich das Meer. Zwei Barrieren, von denen sich das Wasser im Laufe der langen Geschichte als die überwindbarere erwiesen hatte. So war Lissabon den Ländern nördlich der Pyrenäen ferner, als es ohnehin schon lag. 1755 horchte man auf ein großes Erdbeben, das Lissabon erschütterte – ein epochales Ereignis. Goethe und Voltaire schrieben darüber.

Noch viel weiter zurück liegt, was für das portugiesische Selbst- und Nationalbewußtsein immer noch der Dreh- und Angelpunkt ist: die großen Entdeckerfahrten. Magellan, Vasco da Gama und die erste Weltumsegelung. Brasilien, Angola, Mosambik, Goa und Macao, diese Namen standen einmal für exotische Gewürze und märchenhaften Reichtum. Doch das ist lange her, und das Land kämpft heute um ein neues, zeitgemäßes Selbstverständis. Erst 1974 konnte es sich durch einen Handstreich linker, kriegsmüder Militärs von einer fast fünfzigjährigen Diktatur befreien. Mit dem autoritären Regime verlor es seine Kolonien. Mit seinen Kolonien verlor es sein Imperium und damit seine politische, wirtschaftliche und ideologische Heimat. Diktator Salazar hatte das Land zuvor bewußt von Europa abgewendet und mit seinem Leitspruch „orgulhosamente sò“ („stolz allein“) Kontakte zum Ausland ebenso wie den wirtschaftlichen Fortschritt und die politische und kulturelle Freiheit auf ein Mindestmaß beschränkt. Bis zum 25.4.1974, sagen die Portugiesen, standen wir mit dem Rücken zu Europa und blickten aufs Meer hinaus.

Das Land rutschte ins Chaos. Die vom Diktator (Salazar war Professor für Wirtschaft) angehäuften Geldreserven gingen schnell verloren, das Land stand am Rande eines Bürgerkrieges. Kommunisten, Demokraten verschiedener Couleur und Befürworter einer Dritte-Welt-Politik rangen um die Neuorientierung. Portugal wurde Sorgenkind der Weltbank und ein weiterer Brennpunkt von Auseinandersetzungen zwischen totalitären und marktwirtschaftlich orientierten politischen Ordnungen. Sozialisten, Sozialdemokraten und Konservative beschworen in diesem Konflikt die kulturelle Zugehörigkeit zu Europa. Mário Soares, ehemaliger Ministerpräsident und heutiger Präsident der Republik, führte seinen Wahlkampf 1976 mit dem Geld westlicher sozialistischer Bruderparteien und dem Slogan „europa connosco“ („Europa mit uns“). Gerade die der Nato und der EG nahestehenden Parteien führten den Hinweis auf die kulturelle Zugehörigkeit Portugals zu Europa ständig im Munde, als Argument für die Wahl einer demokratischen Regierung.

Der Historiker Peter Bielek bemerkte 1986 anläßlich des portugiesischen Beitritts zur EG: „Portugal, der erste Nationalstaat Europas und Wegbereiter der europäischen, überseeischen Expansion, hat seinen Blick mehr als sechs Jahrzehnte lang fast ausschließlich übers Meer gerichtet und so eine historische Singularität entwickelt, vor deren Hintergrund die recht zögerliche, von Ängsten begleitete Rückkehr nach Europa verstanden werden muß.“ Inzwischen ist Portugal seit acht Jahren Mitglied der Europäischen Union, und die Frage, ob man zu Europa gehört, scheint reichlich künstlich. Und doch finden sich noch immer Nachwirkungen der „historischen Singularität“.

Eine Stadt der Gegensätzlichkeiten

Lissabon ist geprägt von Gegensätzen, die die Stadt an ihren zerfransenden Grenzen verbindet: Da ist die Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigem in der Koexistenz von imperialer Vergangenheit und technologisch-industrieller Zukunft im Rahmen der EU. Und immer noch die Präsenz von räumlich Getrenntem in der Verbindung von Europa und den ehemaligen überseeischen Kolonien. Die Stadt strebt stellvertretend für das ganze Land nach Werten, die das „Europa der Zwölf“ verkörpert. Je mitteleuropäischer, desto moderner. Gleichzeitig aber will Portugal seine Vergangenheit nicht vergessen, sondern in möglichst glorifizierter Form bewahren. Eduardo Lourenco, ein in Paris lebender Essayist, spricht von einer „Hyperidentität“ seiner Landsleute, hervorgerufen durch das Beharren auf einer goldenen, aber vergangenen Epoche.

In einem Doppelschritt versucht man in Lissabon, die Zukunft über die Vergangenheit zu gewinnen. Das wird auch deutlich, wenn man einen Blick auf die laufenden Planungen für die 1998 am Tejo stattfindende Weltausstellung wirft. „Die Ozeane, ein Erbe für die Zukunft“, heißt ihr bezeichnendes Motto. Der Verantwortliche für Presse und Öffentlichkeitsarbeit der Expo 98 hat das Ereignis bereits mit dem Erdbeben von 1755 verglichen. Es erschüttert die Stadt schon lange und ist mehr als das Beben eines von Baumaschinen aufgewühlten Bodens, und auch mehr als die stetig katastrophaler werdende Verkehrssituation aufgrund rapide gewachsener Zulassungszahlen. Was von der Abrißbirne des technologischen Zeitalters tatsächlich getroffen wird, sind alte, gewachsene Strukturen, ein ausgebildetes Identitätskonzept und das Zusammenleben verschiedener Kulturen. Symptomatisch europäisch daran ist nur, daß man, wie im Falle des Expo- Vertreters, als Aufbau definiert, was zuerst einmal Zerstörung bedeutet.

Wohlstandstouristen mögen beklagen, daß die alte „Grazie des Verfalls“ verlorengehe. Die meisten Lissabonner nennen das ohnehin anders. Für sie ist es mangelnde Lebensqualität, ein Schrecken, eine Peinlichkeit. Wer als Deutscher in Lissabon lebt, sieht sich oft unverstanden in seiner Entscheidung. Was kann einen Bewohner des reichen, hochentwickelten Deutschland schon dazu bringen, in einem Land wie Portugal zu leben? Doch es gibt auch andere Stimmen.

Intellektuelle wie der schon erwähnte Eduardo Lourenco oder der Schriftsteller José Saramago wollen alte Lebenskonzepte nicht so einfach aufgeben. Sie möchten vieles in Lissabon, gerade auch in Abgrenzung zur herrschenden europäischen Praxis, erhalten. Sie stellen die Frage, inwiefern Lissabon nicht lediglich zu einem guten Teil ein europäischer Atavismus ist, sondern auch eine europäische Alternative. Das ist sicherlich kein Populärpostmodernismus, der sich an einem historischen Mobile versucht, es ist auch kein blinder Konservatismus. Wer in dieser Stadt lebt, wer sie besucht und sich fangen läßt vom Zauber, den ihr viele attestieren, aber nur wenige erklären können, der erkennt den Reiz dieser Frage.

Lissabon vereinigt in sich kulturelle Elemente aus Europa, Afrika, Asien und Südamerika. Es hat den Kontakt zu seinen alten Kolonien nicht verloren. Im Gegenteil, viele Flüchtlinge ehemaliger Kolonien im Dauerkriegszustand (Angola und Mosambik) haben in Lissabon eine Bleibe gefunden. Sie lehren an Universitäten, schreiben für Zeitungen und sind Teil des öffentlichen Lebens. Die Bauwirtschaft könnte ohne die oft illegal Beschäftigten und die ohne jegliche soziale Absicherung arbeitenden Afrikaner nicht existieren. Andere Hautfarben und Kulturen gehören zu Lissabons Normalität, die zwar sicherlich nicht frei von Rassismus ist, aber immerhin weitgehend gewaltfrei.

Lissabon vereinigt in sich Urbanes und Ländliches; wohl keine andere europäische Großstadt ist noch derartig geprägt von ruralen Elementen. Viele der zwei Millionen Einwohner des Großraums sind in der ersten Generation Stadtmenschen. Wer im Zentrum spazierengeht, spürt, daß hier Menschen leben. Und Sonntag abends sieht man am winzigen Bahnhof Santa Apolonia Pendler in großer Zahl mit Lebensmitteln beladen aus ihren Heimatdörfern nach Lissabon zurückkehren.

Lissabon ist aber auch eine Metropole mit Slums und tristen Schlafstädten. Postmoderne Paläste stehen neben alten, verfallenden Mietshäusern und schön renovierten, traditionellen Gebäuden. Die Dächer tragen Parabolantennen, und an den Straßen stehen alte Menschen, deren Rente den steigenden Lebenshaltungskosten nicht hinterherkommt. Gleichzeitig boomt der Automarkt. Unter Salazar noch kontingentiert, braucht man mittlerweile Tricks und Kniffe, um die für Kennzeichen benötigte Ziffer-Buchstaben- kombinationen vergeben zu können. Die Käufer sind schneller als die Planer, Werbespots für Bankkredite füllen die Werbeminuten der Fernsehanstalten. Lissabon steht im Spagat. Die technologische Moderne hat Einzug gehalten und verdammt alles, was nicht in ihren Diskurs paßt, zum Schweigen. Auch hier dominieren Gegensätze. Zugleich besteht aber die Möglichkeit, einen ungebremsten „Fortschritt“ zu überdenken und zu kanalisieren, einen Fortschritt, der uns stellenweise schon über den Kopf gewachsen ist und dabei irreversibel erscheint.

Die Ernennung Lissabons zur „Kulturhauptstadt Europas 1994“, zwanzig Jahre nach der Revolution und acht Jahre nach dem Beitritt zur EG, ist ein Versuch der Einordnung. Und nicht nur auf kultureller Ebene, sondern auch (als eine weitere Nachwirkung der „historischen Singularität“) auf politischer. Portugal fühlt sich gefordert. Um dem Anspruch zu genügen, ordnet man die Kultur der Außenpolitik unter; die Kulturpolitik wird proklamatorischen und repräsentativen Zwecken dienlich gemacht. Sie soll nicht zuletzt dazu beitragen, den Tourismus zu fördern, mit 8 Prozent des Bruttosozialprodukts einer der wichtigsten Aktivposten der portugiesischen Wirtschaft. 4 Prozent der berufstätigen Portugiesen, rund 200.000, arbeiten in diesem Bereich, und mindestens 20 Prozent der Exporterlöse werden hier erzielt.

Kulturpolitik als Außenpolitik

Nicht zufällig wird die mit der Planung von „Lisboa 94“ beauftragte Gesellschaft von einem Wirtschaftsexperten geleitet. Vitor Constancio ist ehemaliger Gouverneur der Notenbank. Er bezeich

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net sich selbst als einen Ökonomen mit kulturellen Interessen, dessen erste Aufgabe es sei, die Arbeit der Teams, die vom Kultusministerium und der Stadt Lissabon eingesetzt worden sind, zu koordinieren. Die Gesellschaft wurde erst im August des vergangenen Jahres gegründet. Im Laufe der Vorbereitungen kam es zu häufigen Kompetenzstreitigkeiten zwischen sozialdemokratischem Kultusministerium und sozialistischer Stadtbehörde. Wie Constancio selber sagt, konnte man deshalb kaum auf Vorschläge und Initiativen autonomer kultureller Gruppen eingehen. Das Problem der Finanzierung von „Lisboa 94“ beherrschte die Diskussion von Anfang an.

Bei einem Land wie Portugal, das in erheblichem Maße von Geldern der gemeinschaftlichen europäischen Kasse angewiesen ist, kann das nicht überraschen. Mit einem abgeänderten Mäzenatengesetz versuchte man, private Sponsoren zu gewinnen. Steuerliche Abschreibungsvorteile sollen großen Firmen Anreiz geben, sich im Rahmen von „Lisboa 94“ zu engagieren. In diesem Zusammenhang wirkte sich die gesamteuropäische Rezession sehr hinderlich aus. Der Schaden war um so größer, als privates Kultursponsoring in Portugal üblicher ist als in Deutschland. Ein Jahr vor „Lisboa 94“ wurde der Kulturhaushalt erheblich gekürzt.

Probleme gab es auch in der Öffentlichkeitsarbeit. Die Anfang 1993 damit beauftragte französische Werbeagentur Publicis fiel personellen Veränderungen und Machtkämpfen innerhalb der Gesellschaft „Lisboa 94“ zum Opfer. Im Juli tauschte man sie gegen eine andere, ebenfalls französische Agentur, die Euro RSCG, aus. Damit noch nicht genug, erschwerten Positionskämpfe und ausbleibende Gelder eine konzentrierte Arbeit. Vorgesehene road shows fielen aus. Sie hätten im Laufe dieses Jahres durch europäische Großstädte rollen sollen, um für Lissabon zu werben. Im August hatte man erst 20 Prozent der vorgesehenen Öffentlichkeitsarbeit geleistet, die Presse verteilte dementsprechend herbe Kritik.

Schon Mitte 1991 hatte die damalige Hohe Kommissarin für „Lissabon, europäische Kulturhauptstadt 1994“, Helena Vaz da Silva, darauf hingewiesen, daß die Stadt im gewählten Jahr eine einzige Baustelle sein werde. Sie plädierte für einen Termin weiter in der Zukunft und möglichst im Zusammenhang mit Gedenkfeierlichkeiten zu den portugiesischen Entdeckerfahrten. Die politische Führung unter dem smarten Ministerpräsidenten Cavaco Silva jedoch konnte und wollte einer solchen Argumentation nicht folgen. Ihr geht es bei „Lisboa 94“ in hohem Maße darum, sich in Europa präsent zu zeigen. So schnell wie möglich – zwanzig Jahre nach der Entscheidung für Europa. Es geht aber auch um Gelder, mit denen man dringend notwendige städtebauliche Maßnahmen finanzieren kann. Als Politiker führt Cavaco Silva ständig einen Wahlkampf für die Selbstpräsentation der Regierung. Schon für die portugiesische Präsidentschaft der ersten Jahreshälfte 1993 hatte sich Cavaco Silva einen (offiziell) 600 Millionen Mark teuren Repräsentativbau geleistet. Dieser gigantische Empfangssaal wurde nach sechs Monaten dem Kultusminister übergeben und „Kulturzentrum“ getauft. Ganz offensichtlich wußte keiner so recht, was man mit dem Giganten anfangen sollte. Ein englisches, später ein portugiesisches Unternehmen erhielt den Auftrag, nach einer corporate identity zu suchen.

Lissabon war plötzlich im Besitz eines architektonisch bewundernswerten und international prämierten Kulturzentrums. Die Bedingungen für große und bedeutende Veranstaltungen waren geschaffen, doch die Räume blieben leer. Während die Kulturpolitik auf solche Weise funktionalisiert wird, kehren gerade bekanntere portugiesische Künstler ihrem Land den Rücken, um im Ausland zu arbeiten. Die (ohnehin spärliche) Verteilung von Geldern im Kultursektor geht oft genug einher mit direktiven „Anregungen“ bezüglich der Inhalte. Viele Portugiesen beklagen die internationale Zweitklassigkeit ihrer nationalen Kulturszene. Das soll sich nach Wunsch der Organisatoren von „Lisboa94“ im nächsten Jahr ändern. Ein wichtiges Ziel der Veranstaltung ist es deshalb auch, in Lissabon lebende Künstler zu fördern und ein breiteres, auch internationales Publikum für die Stadt zu gewinnen. Es geht um die „Verbesserung des Klimas im kulturellen Bereich“, um einen Platz im europäischen Kulturkonzert.

Das ausgearbeitete Programm ist dabei vielseitig. Lissabon gedenkt seines universalistischen Erbes auch im „gemeinsamen europäischen Haus“. Für die Planer ist es daher selbstverständlich, daß man Veranstaltungen über zeitgenössische europäische und afrikanische Kunst Seite an Seite stellt. Es sind Kolloquien über die portugiesischsprachige Literatur geplant, die drei Erdteile einbeziehen. Des weiteren eine Ausstellung über die Traditionen surrealistischer Malerei Europas mit Bildern von Bosch bis Dali. Es gibt modernen Tanz aus Europa und traditionellen aus Afrika. Es gibt Ausstellungen zur portugiesischen Geschichte und zur europäischen Zukunft. Große Orchester wurden eingeladen, dazu Theater, Oper und vieles mehr.

Lissabon, so das Hauptanliegen der Organisatoren, soll 1994 Treffpunkt von Kulturen sein. Und auch, wenn sie es so explizit nicht sagen, kann die Stadt zu einem Ort des Dialogs werden. Zu einem Dialog nicht nur zwischen den sich einigelnden europäischen Nationen, sondern auch ausgreifend auf Länder der sogenannten Zweiten und Dritten Welt. „Lisboa 94“ kann also für Europa und die europäische Kultur wichtige Fragen aufwerfen.

Lissabon ist eine Stadt am Rande unseres Kontinents und eine Stadt im Umbruch. Es wäre schon viel, sollte dieser Stadt während der nächsten zwölf Monate auch nur ansatzweise gelingen, wozu ihre Lage sie prädestiniert: die Virulenz von heute so wichtigen postmodernen Begriffen wie „Grenze“, „Rand“ und „Übergang“ für die europäische Kultur deutlich zu machen.