„... daß ein Slowake dies aussprechen muß!“

■ Der stellvertretende Ministerpräsident der Slowakei, Roman Kováć, über die Forderungen der ungarischen Minderheit nach mehr Selbstverwaltungskompetenzen

taz: Ist die Versammlung von Komarno ein Verstoß gegen die slowakische Verfassung?

Roman Kováć: Die Versammlung selbst ist nicht verfassungswidrig. Interessant ist jedoch, daß sie auf Basis des ethnischen Prinzips und nicht auf dem bürgerlichen einberufen wurde. Hier müssen wir die Verfassungsmäßigkeit überprüfen. Nun kann in der Slowakei zwar jeder Bürger mit einem anderen eine Organisation bilden, nicht jedoch gewählte Abgeordnete. Die Versammlung der Abgeordneten ist das Parlament.

Die Bildung der Vereinigung werden wir auf alle Fälle nicht anerkennen.

Der Streit über die Rechte der ungarischen Minderheit in der Slowakei begann schon bald nach der politischen Wende 1989. Gibt es da nicht genug Gründe für die Ungarn, gemeinsam nach neuen Wegen zu suchen?

Mich ärgert an jeder Versammlung der Ungarn, daß diese sich dabei nicht mit den wirklich wichtigen Fragen beschäftigen. Zum Beispiel mit der Arbeitslosigkeit. Oder mit dem Problem der landwirtschaftlichen Monokultur.

Aber die Ungarn sagen ja gerade, daß sie ihre Probleme nicht lösen können, weil Bratislava ihnen keine Selbstverwaltungskompetenzen gibt.

Wir sind dabei, gemeinsam mit dem Europarat ein Modell für regionale Selbstverwaltung auszuarbeiten. Die Versammlung in Komarno kommt also zu früh. Im übrigen hat uns gerade der Europarat vor einer zu weitgehenden Dezentralisierung gewarnt. Und auch eine autonome Region in Südungarn werden wir nie anerkennen, denn schließlich handelt es sich hier nicht um ein ethnisch reines Gebiet. In einem autonomen Gebiet würde es automatisch zu einer Diskriminierung der Slowaken kommen.

Die Ungarn protestieren vor allem gegen die Pläne der Regierung, die Slowakei in Regionen einzuteilen, die das ungarische Siedlungsgebiet zerschneiden.

Es gibt unzählige Modelle für die Einteilung. Es ist schwer zu entschieden, was optimal ist. Wenn wir ökonomische Kompetenzen an die Regionen abgeben möchten, dann müssen diese auch selbständig existieren können. Daß heißt, über eine gemischte Infrastruktur verfügen. Es darf dort nicht nur Landwirtschaft geben. Außerdem müssen die Regionen den Bürgern dienen.

Heftige Diskussionen gab es im letzten Jahr über ein Gesetz, das den Ungarn erlauben soll, ihre ungarischen Namen zu tragen, sie also nicht mehr ins Slowakische transkribieren zu müssen ...

Nun, das neue Gesetz besagt, daß jeder seinen Vornamen in der gewünschten Sprache führen kann. Ich frage Sie aber offen, ist denn die Bundesrepublik bereit, die Namen ihrer arabischen Einwohner in arabischen Schriftzeichen zu dulden?

Der Vergleich hinkt. Schließlich verwenden sowohl Ungarn als auch Slowaken das lateinische Alphabet.

Aber es gibt im Ungarischen Buchstaben, die es im Slowakischen nicht gibt. Könnten Sie zum Beispiel den Namen Gyröygyny aussprechen? Und Sie verlangen, daß ein Slowake in der Südslowakei dies aussprechen muß!

Wie ist im Augenblick der Stand der Auseinandersetzung um eine zweisprachige Bezeichnung der Ortschaften, in denen ein bestimmter Anteil Ungarn lebt?

Es gibt den Vorschlag, den ungarischen Namen, slowakisch transkribiert, unter den slowakischen zu schreiben. Das gilt aber nur, wenn beide Namen den gleichen Stamm haben. Beispiel: Komarno und Komarom. Ungeklärt ist jedoch die Frage bei ungarischen Ortsnamen, die ganz anders lauten. Ein Beispiel dafür ist Šturovo, die ungarische Bezeichnung lautet Parkany. Die Ungarn sagen, sie wollen diesen Namen verwenden, denn er sei der historische. Tatsächlich stammt er jedoch aus dem 12. Jahrhundert. Davor hatte der Ort noch einen anderen Namen. Was also heißt „historisch“?

Außerdem handelt sich um Städte, die die Namen großer slowakischer Persönlichkeiten tragen. Europa braucht einheitliche Lösungen. Wenn ein Staat den Forderungen seiner Minderheit besonders entgegenkommt, meldet sich doch sofort eine Minderheit in einem anderen Staat und will das gleiche. Interview: Sabine Herre