Opern-Intendant verläßt Senatorin

■ Peter Ruzicka sieht sich brüskiert / Herbe Vorwürfe an Christina Weiss / Verhandlungen hinter seinem Rücken geführt   Von Till Briegleb

Opern-Intendant Peter Ruzicka verläßt Hamburg. Der Streit über die Nachfolge des Generalmusikdirektors (GMD) Gerd Albrecht, der nach Ablauf seines Vertrages 1997 definitiv nicht an der Hamburg Oper bleibt, veranlaßte ihn, entgegen seinen ursprünglichen Absichten ebenfalls sein Amt zur Verfügung zu stellen. In einem Schreiben an Kultursenatorin Christina Weiss, das laut Susanne Stähr, Pressesprecherin der Oper, „noch sehr moderat“ ausgefallen sei, empört sich Ruzicka über „die Art des Vorgehens“ bei der Sondierung für die Albrecht-Nachfolge.

Ruzicka hält der Senatorin vor, daß mit seinem Favoriten Semyon Bychkov bereits „alle wesentlichen Punkte eines Chefdirigentenvertrages abgestimmt worden“ seien. „Für Herrn Bychkov“, so das Schreiben weiter, „durfte danach kein Zweifel bestehen, daß es sich hierbei um eine künstlerische Vorentscheidung handelte, die nur wegen der anstehenden Neuwahlen noch nicht ihre formale Bestätigung finden konnte.“ Nun sei die Kultursenatorin von dieser Position wieder abgerückt, ohne ihn über den Sinneswandel rechtzeitig zu informieren. Deswegen werde er am Ende seiner Amtszeit 1997 Hamburg verlassen. Ursprünglich, so war aus der Oper zu erfahren, wollte er sein Amt sogar sofort niederlegen.

Besonders erbost war Ruzicka darüber, daß Weiss hinter seinem Rücken bereits seit längerer Zeit eine zweite personelle Lösung für die Oper durchdacht hat. Von geheimen Verhandlungen mit den Alternativ-Kandidaten (insbesondere Ingo Metzmacher als neuer GMD) erfuhr Ruzicka aus der Presse oder durch Gerüchte. Erst am 6. Januar teilte Christina Weiss ihm dann mit, daß man sich auch Modelle ohne ihn vorstellen könne, und fragte ihn, ob er eventuell auch mit einem anderen GMD als Bychkov zusammenarbeiten würde.

Weiss-Pressesprecher Hans-Heinrich Bethge bestätigte gestern, daß man sich intern darüber Gedanken gemacht habe, ob man nach neun Jahren Ruzicka/Albrecht an dem Haus nicht „neue Impulse“ bräuchte. Daß Ruzicka daraufhin, nachdem man ihm noch im Mai vorigen Jahres aufgefordert hatte, „sich einen neuen Partner zu suchen“ (Stähr), brüskiert das Handtuch wirft, kann eigentlich nicht verwundern.

Bethge widersprach gestern gegenüber der taz der Darstellung Ruzickas in allen wichtigen Punkten. Weder habe es detaillierte Vertragsverhandlun- gen gegebe,n noch hätte man jemals die Vertragsunterzeichnung als reine „Formsache“ bezeichnet. Es sei etwas „blauäugig“, von einem anstehenden Abschluß auszugehen, wenn weder die Senatorin mit dem Kandidaten gesprochen hätte, noch der Aufsichtsrat der Oper davon in Kenntnis gesetzt worden sei.

Dem Orchester, das sich einstimmig für Bychkov als neuen GMD ausgesprochen hatte, wird noch in dieser Woche der neue Kandidat präsentiert, so daß in Kürze mit der Bekanntgabe des neuen Tandems zu rechnen ist.