Bremer Neonazis erstellen Feindlisten

■ Verfassungsschutz-Vize über Rechtsextreme: „Neonazis in Manndeckung nehmen“

Schlechte Zeiten für die Antifa- AktivistInnen: Dem Bremer Verfassungsschutz liegen Erkenntnisse vor, nach denen nun auch die Bremer Neonazi-Szene Adressen von Gegnern der extremen Rechten sammelt. Das sagte gestern Lothar Jachmann, zweiter Mann des Bremer Landesamtes für Verfassungsschutz vor Journalisten. Vor gut zwei Wochen sind in Bremen Flugblätter aufgetaucht, in denen zum Sammeln von Informationen über Bremer Neonazi-GegnerInnen aufgefordert wurde, ganz nach dem Muster des Neonazi-Infoblattes „Einblick“, das vor einigen Wochen für Furore in den Medien gesorgt hatte. Dort waren von einer „Anti-Antifa“ bundesweit Adressen und Informationen aus der Anti-Nazi-Szene veröffentlicht worden. Hinter den Bremer Flugblättern steht eine stadtbekannte Figur: Der Rechtsextreme Markus Privenau.

Privenau, so war in der rechten Szene gestern zu erfahren, war unter seinen Bremer Spezis unter Druck geraten, nachdem der „Einblick“ ohne eine einzige Bremer Adresse erschienen war. Die Bremer Neonazis, nach Angaben des Verfassungsschutzes nicht mehr als 20 AktivistInnen und ein Umfeld von 60-80 SympathisantInnen, hatten den technischen Anschluß an die bundesweite Szene verpaßt. Also erschien der Aufruf unter der Überschrift „Anti-Antifa-Bremen: Kampf dem roten Terror!“ Jetzt sei es an der Zeit, Adressen und Informationen zu sammeln, um sich „gegenüber dem roten Mob zur Wehr“ zu setzen. Und die sollten an ein Bremer Postfach geschickt werden. Das soll nach Informationen aus der rechten Szene auf dem Namen der Ehefrau von Markus Privenau angemeldet sein.

Dabei war die Geschichte von der Anti-Antifa nur eine Nebenbemerkung bei einer Einladung Jachmanns vor der Landespressekonferenz. Jachmann referierte über die aktuelle Situation des Rechtsextremismus in Bremen. Nach wie vor liege Bremen erfreulich weit hinten im Vergleich der Bundesländer, wenn es um rechtsextremistisch motivierte Gewalttaten gehe. Die Zahl sei im vergangenen Jahr um ein Drittel zurückgegangen, bundesweit und auch in Bremen. Eine ähnliche Entwicklung zeige sich auch bei den Mitgliedern der größten rechtsextremen Organisationen in Bremen, bei der DVU. Nach einem schweren Mitgliederschwund stehen gerade noch 600 BremerInnen zur Partei.

Das Fazit ein Jahr nach den Verboten der „Deutschen Alternative“ und der „Nationalistischen Front“ ist ernüchternd: Die Szene sei zwar kurzfristig irritiert gewesen, und sicherlich sei das Verbot als Signal nach außen und nach innen wichtig gewesen, aber letztlich habe es dazu geführt, daß sich die ehemals verfeindeten Gruppen besser miteinander vernetzt hätten, ohne gleich wieder neue Organisationen und damit neue Differenzen aufzubauen. Ausdruck dessen seien die Listen der Anti-Antifa. Und da werde nun auch Bremen einbezogen.

Keine Entwarnung, das ist die Botschaft Jachmanns. Nach wie vor seien Gewalttaten von rechts zu erwarten. Und neben allen politischen Anstrengungen gegen Politikverdrossenheit und für den Abbau sozialer Spannungen schlägt Jachmann vor allem zweierlei vor: Bremen solle weitermachen in der akzeptierenden Jugendarbeit mit Rechtsextremen, und der Verfolgungsdruck auf die bestehende Szene dürfe nicht nachlassen. Jachmann: „Wir müssen die in Manndeckung nahmen.“ J.G.