AG-„Weser“-Gelände: Grunau - aus der Traum

■ Bremerhavener Unternehmer Kramer übernahm Grunau-Firmen / Bremen mit 16 Millionend dabei?

Während die Bremer Wirtschaftsförderungsgesellschaft noch Ende November 1993 an ihrem langjährigen Konzept festhielt, mit Millionen-Subventionen auf dem ehemaligen AG-„Weser“-Gelände ein „Montage- und Umschlagszentrum“ für den Großanlagenbau zu machen, haben die Gläubiger-Banken der Grunau-Gruppe, vor allem die Sparkasse und die Landesbank, dem Spiel jetzt ein Ende gesetzt: Sie zwangen den Unternehmer Martin Grunau, alle Anteile an seiner Firmengruppe dem Bremerhavener Unternehmer Kramer zu übertragen. Grunau mußte auch alles abgeben, was er vor seinem AG-„Weser“-Engagement gehabt hatte, insbesondere die Wohn- Immobilien im Stadtgebiet, die er meist auf Leibrenten-Basis übernommen hatte, und seine Industrieanstrich-Firmen in Großenkneten. Im vergangenen Jahr hatte Grunau seinen gesamten Besitz in die „Grunau-Verwaltungs-GmbH und Co KG einbringen müssen, über die die Kreditinstitute durch einen Beirat die Kontrolle der Geschäftsführung übernahmen. Alle Anteile an dieser zentralen GmbH wurden nun an Kramer verkauft.

Mit der Übernahme schied gleichzeitig der Geschäftsführer Klaus Ahlers aus, den Grunau am 1. November 1993 erst bestellt hatte. Ahlers hatte vorgehabt, das Konzept Großanlagenbau noch einmal zu sondieren. Davon hält Kramer nichts, er habe auf seinem weitläufigen Firmengelände in Bremerhaven „mehr an Großanlagenbau“ als in Bremen sichtbar sei. und: „Was hier an Großanlagenbau läuft, das sind ja andere Firmen.“ Gestern war Kramer in Bremen auf dem AG-„Weser“-Gelände, um die MitarbeiterInnen von dem Verkauf zu informieren und erste Sondierungen durchzuführen, was nun werden soll. Insgesamt 500 Mitarbeiter habe die Gruppe, erklärte Kramer, ca. 100 davon in Bremen. Auf dem AG-„Weser“- Gelände bestehe ein „gewisser Konsolidierungsbedarf“: „Der Anzug ist ein bißchen groß“.

Während Beobachter davon ausgehen, daß Kramer die Aufträge, insbesondere die Blech-Lagergeschäft für die Meyer-Werft in Papenburg und die Seebeck-Werft, gut zur Auslastung seines eigenen Geländes in Bremenhaven beitragen würde und er deshalb keinerlei Bedarf an einer ausgelagerten Bremer Betriebsstätte haben kann, will sich Kramer selbst da noch nicht festlegen: Es werde „sondiert“, was betriebswirtschaftlich das sinnvollste sei. Die Hallen, die Grunau vor Jahren von der Stadtgemeinde gekauft hatte und um deren Rückkauf es schon Verhandlungen mit Grunau gegeben hatte, wolle auch aber „wahrscheinlich“ an die Stadt zurück verkaufen. Sie werden derzeit von anderen Firmen genutzt, die Erweiterungsbedarf haben - etwa die Firma Hansa-Holz, die an der Stelle der alten Maschinenbauhallen gern ihr Holzlager erweitern würde.

Das Problem ist, daß mit den Hallen erhebliche Kredite vor allem der Sparkasse abgesichert sind, auf der Maschinenbauhalle 5,4 Millionen (Kaufpreis 1986: 2,4 Mio), auf der Stahlbauhalle sogar 11,1 Millionen (Kaufpreis 1986: 1,5 Mio). Im freien Verkauf würde dieser Gegenwert bei weitem nicht realisierbar sein. Es ist nicht davon auszugehen, daß der Unternehmer Kramer diese Risiken mit „gekauft“ hat. Das bedeutet, daß die bremische Wirtschaftsförderung nach wie vor unter dem politischen Druck durch die Sparkasse steht, die Hallen zu überhöhten Preisen zurückzukaufen, damit die entsprechenden Summen nicht bei der Sparkasse als Verluste abgeschrieben werden müssen. Die Sparkasse, hatte im Vertrauen auf die bremischen Wirtschaftspolitik größzügig Kredite gewährt .

Ende November hatte das Wirtschaftsressort einmal in einer wenig übersichtlichen internen Rechnung den Finanzbedarf auf 16,8 Millionen Mark addiert, der erforderlich wäre, um das Kapitel Grunau auf der AG-„Weser“ zu beenden. Staatsrat Haller hatte gleich hinzugefügt, daß erhebliche Summen erforderlich wären, um denn einen zweiten Anlauf zur wirtschaftlichen Nutzung des Geländes am Kai zu unternehmen, das 1983 nach der Pleite der AG-„Weser“ brach fiel.

Der Weser-Kurier schmückte seine Berichterstattung gestern mit einem historischen Foto, das aus einer Werbebroschüre der Grunau-Gruppe stammt und große Aluminium-Silos zeigt. Bild und Bildunterschrift („Bei Grunau -- produziert..“) setzen die Masche fort, mit der der Unternehmener Grunau die bremische Wirtschsftpolitik über den Tisch gezogen hat: In Wahrheit gehörten die Behälter auf dem Foto der Zeppelin, die auf dem Gelände nur Flächen gepachtet hatte und nach einem (gerichtlich ausgetragenen) Streit mit Grunau Bremen auf nimmer Wiedersehen Richtung Belgien verließ. Das Foto dukumentiert also das Scheitern des AG-„Weser“-Projektes der bremischen Wirtschaftsförderung, Grunau hat es ohne Zustimmung der Firma Zeppelin in seinem Werbe-Katalog benutzt und der Weser-Kurier druckt es 1993 (wie schon einmal 1991) nach, ohne auf den peinlichen Umstand hinzuweisen, daß es ein Grunau-Werbe-Foto ist.

Die Stadtgemeinde ist durch den Verkauf der Grunau-Gruppe in eine noch schlechtere Position gegenüber der Sparkasse geraten:

-Wenn gegegüber Grunau 14,9 Millionen für die alten Hallen geboten wurden, kann der Wirtschaftssenator dem ehemaligen FDP-Politiker Kramer nicht weniger anbieten.

-Die Wirtschaftsbehörde wird kaum darauf bestehen können, daß Fördergelder für die Schaffung von Arbeitsplätzen, die nie geschaffen wurden, von Kramer zurückgezahlt werden .

-Bei Grunau hat die Stadt jahrelang geduldet, daß er die Pacht für das Gelände nicht zahlt. Ende 1992 schon waren 1,5 Millionen aufgelaufen, der Wirtschaftssenator hat den Verzicht auf diese Forderungen gegenüber Grunau schon zugesagt.

-Nicht nur die Sparkasse, auch für die Stadtgemeinde ist Zeit Geld: 1988 hat Bremen großer Teile des AG-Weser-gelkändes, die dann an grunau weitergegeben wurden, für 28 Millionen von Krupp gekauft und dafür Schulden aufgenommen. Das kostet eine Viertelmilliom im Monat. Allein das summierte sich zwischen 1988 und 1993 auf runde 15 Millionen bremischer Steuergelder. Und solange das Gelände nicht genutzt wirde, stehen dem keine Einnahmen gegenüber. K.W.