Journalist unter Spionageverdacht verhaftet

■ War der Leiter der Kölner Journalistenschule Agent bei der Stasi?

Köln (taz) – War der Direktor der Kölner Journalistenschule ein langjähriger Agent der Stasi? Und hat er möglicherweise gar Schüler seines Instituts für „die Firma“ angeworben? Nachdem in der vergangenen Woche sowohl der Kölner Institutsleiter Heinz D. Stuckmann als auch der deutsche Botschafter in Gabun, Rainer Müller, wegen Spionageverdachts verhaftet wurden, munkelt man in Köln über mögliche Zusammenhänge. Müller studierte zu Beginn der siebziger Jahre mehrere Semester an der renommierten Journalistenschmiede. Wie aus Kreisen der Bundesanwaltschaft verlautete, wurde aufgrund der Aussagen Müllers auch gegen Stuckmann ein Haftbefehl ausgestellt. Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe wirft dem 71jährigen Leiter und Gründer der „Kölner Schule – Institut für Publizistik“ vor, eine Vielzahl von Schülern und Mitarbeitern des Instituts auf ihre „nachrichtendienstliche Verwendbarkeit abgeklärt“ zu haben. Stuckmann, ehemals freier Journalist und seit Ende der sechziger Jahre Institutsleiter, soll dem Ministerium für Staatssicherheit seit 1973 seine Dienste angeboten und seinen Führungsoffizieren mehr als 30 in Frage kommende Personen genannt haben.

Der 40jährige Rainer Müller wurde nach Erkenntnissen der Bundesanwaltschaft in den siebziger Jahren für die geheimdienstliche Zusammenarbeit mit der Stasi angeworben und soll fortan für sie spioniert haben. Nach Eintritt in den höheren auswärtigen Dienst 1980 arbeitete Müller unter anderem im deutschen Generalkonsulat in Rio de Janeiro und als Botschafter im westafrikanischen Gabun. Beide Beschuldigte befinden sich seit ihrer Festnahme in Untersuchungshaft.

MitarbeiterInnen der „Kölner Schule“, die unter anderem von der IG Medien, der IG Metall und dem Institut der Deutschen Wirtschaft finanziert wird, sind konsterniert. Verdachtsmomente gegen Stuckmann, so die stellvertretende Institutsleiterin, Ingeborg Hilgert, habe sie nie gehabt. „Bis das Gegenteil bewiesen ist, glauben wir an seine Unschuld.“ An den „klassischen Berlin-Reisen mit Mauerbesuch“ und einer Stippvisite in der ehemaligen Ständigen Vertretung Bonns in Ostberlin, die Stuckmann mit den Kursteilnehmern unternommen habe, könne sie nichts Anrüchiges finden.

Das Bundeskriminalamt hat inzwischen die Befragung ehemaliger StudentInnen der Kölner Schule, von denen heute viele bei Medien, Verbänden und großen Wirtschaftsunternehmen arbeiten, aufgenommen. Diese soll ans Licht bringen, ob Stuckmann zwischen ihnen und der Stasi Verbindungen geschaffen hat.

Vielen der sechzig StudentInnen sitzt der Schock in den Knochen. Mit einer Stasi-Mitarbeit Stuckmanns, den sie „eher der politischen Mitte als der Linken zugeordnet“ hätten, haben sie nie gerechnet. Stuckmann habe einem Studenten ermöglicht, für seine Diplomarbeit in der DDR zu forschen, berichteten sie. Im Gegenzug seien in Köln Seminare für Journalisten aus Ostblockstaaten veranstaltet worden, zuletzt noch im vergangenen Jahr.

Der Kölner Soziologie-Professor Erwin K. Scheuch, Vorstandsmitglied des Fördervereins der „Kölner Schule“, teilt die politische Einschätzung der Studenten. Er selber kennt Stuckmann seit Mitte der sechziger Jahre und rief mit ihm und anderen den Debattierzirkel „Republikanischer Club“ ins Leben. Der Club war als „ein Forum für Leute, die im Parlament niemand mehr vertritt“, gedacht. Markus Dufner