Waldsterben: Hilfe aus dem All

■ Satellit untersucht großflächig Waldschäden / Ergebnisse sollen im Februar vorliegen / Erstmals erstellt die Umweltverwaltung eine Schadenskette

Hoffnung für den Wald: Berlins Umweltverwaltung und Brandenburgs Umweltministerium lassen erstmals die Schäden von Tannen und Kiefern großflächig untersuchen – aus 740 Kilometer Höhe mit Hilfe eines amerikanischen Satelliten. Bislang gab es nur Punkte in einem Raster von zwei Kilometern, an denen Förster und Fachleute einzelne Bäume vom Boden aus begutachteten. Doch mit dieser Erhebung sei bisher nur eine so grobe Bestandsaufnahme möglich gewesen, daß „wir praktisch nicht einmal sagen konnten, so geht's dem Grunewald“, erläuterte Ulrich von Drewitz, Mitarbeiter der Umweltverwaltung, der taz.

Eine erste Karte über den Zustand Berliner und Brandenburger Nadelhölzer ist bereits fertig. Aus dem künstlichen Himmelskörper „Landsat“, der alle 17 Tage über die Hauptstadt hinwegfliegt, hatte eine Videokamera Teile Brandenburgs und Berlins gefilmt.

Die beiden Länder werden bei dem Verfahren in Quadraten von 30 mal 30 Metern abgetastet, berichtete Rainer Söllner von WIB (Weltraum Institut Berlin). Nach Verarbeitung der Bilder aus dem All, die zur Erde gesendet und dort auf Magnetbändern gespeichert werden, könne für jeden dieser Punkte gesagt werden, wie krank die dortigen Kiefern sind. An der Möglichkeit, auch den Zustand von Laubwäldern zu bestimmen, werde gearbeitet.

In einer unvorstellbaren Genauigkeit ist zu erkennen, wieviel Nadeln noch an den Bäumen hängen. Die Aufnahme vom 10. September 1992, ein wolkenloser Donnerstag, zeigt, daß südöstlich von Cottbus und in Polen Tannen und Kiefern mehr als ein Fünftel ihrer Nadeln verloren hatten – ein schlechtes Zeichen. In Berlin wiederum ging es den Bäumen damals noch deutlich besser: Nur weniger als ein Zehntel der Nadeln war verschwunden.

Die Karten sind so exakt, daß beispielsweise rund um den Müggelsee der Zustand von Baumgruppen auf einzelnen Grundstücken zu erkennen ist. Die Testkarte von 1992 ist nicht vollständig und gibt über westliche Stadtrand-Bezirke und das nordwestliche Brandenburg keine Auskunft. Eine vollständige Aufnahme wurde deshalb im Herbst vergangenen Jahres angefertigt und soll bei WIB bis Februar ausgewertet und zu einer für jeden Laien lesbaren Karte aufgearbeitet werden. Das 100.000 Mark teure Gemeinschaftsprojekt beider Bundesländer soll mehr Klarheit über die Zusammenhänge zwischen warmen Wintern, Trockenheit, Luftverschmutzung, menschlichen Einflüssen und den Waldschäden liefern. Nachweise – etwa bei der Frage, ob an den Schäden im Grunewald die Auspuffgase von der Avus schuld seien – könnten bislang nicht geführt werden, bedauerte Waldschützer von Drewitz.

Doch die Ursachen für das Waldsterben müssen dringend gefunden werden: Als im vergangenen Herbst Umweltsenator Volker Hassemer (CDU) den traurigen Waldzustandsbericht 1993 vorstellte, hatte nur noch jeder dritte Baum keine Krankheitssymptome. Dirk Wildt